Das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), das ab heute gilt, startet vielversprechend. Gestern waren bereits rund sieben Millionen Tickets im Vorverkauf abgesetzt. Im Lichte der hohen Nachfrage stellt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) aber auch die Finanzierungsfrage für den ÖPNV.
„Mammutprojekt“ soll dem ÖPNV Fahrgäste bringen
In einem gemeinsamen Pressegespräch informierten Bundesverkehrsminister Volker Wissing, die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz und Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer sowie VDV-Präsident Ingo Wortmann gestern über die Ticketaktion. Von dem drei Monate laufenden „Mammutprojekt“ verspreche man sich „zusätzliche Fahrgäste, die dauerhaft umsteigen und den ÖPNV stärken“, so Wissing. Im Zeitraum bis September können Fahrgäste bundesweit den ÖPNV für neun Euro nutzen.
„In einer wirklichen Krise haben wir etwas auf den Weg gebracht, das den Menschen konkret hilft, Energie einspart und zugleich einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet“, sagt der Verkehrsminister. Gleichzeitig sammele man mit der Aktion Erkenntnisse, um den ÖPNV „langfristig noch besser an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen“.
ÖPNV auf Fahrgeldeinnahmen „dringend angewiesen“
Die Branche habe sich intensiv auf die Umstellung der Vertriebssysteme und die entsprechende Kundenansprache vorbereitet, so Wortmann. „Die aktuell sehr hohe Nachfrage nach dem Ticket wundert uns daher nicht, denn wir informieren und verkaufen auf allen Kanälen.“ Noch sei unklar, wie viele Menschen das Ticket wie oft nutzen. „Wir werden trotzdem alles auf die Straßen und Schienen bringen, was fahren kann, um die Fahrgäste bestmöglich zu befördern.“
Hinsichtlich der Finanzierung des ÖPNV warnt Wortmann vor falschen Erwartungen, die sich aus der Ticketaktion ergeben könnten. Es müsse allen Fahrgästen klar sein, dass es sich um ein einmaliges Angebot handele. Denn eigentlich sei der ÖPNV in Deutschland aufgrund gestiegener Kosten und notwendiger Angebotsausweitungen nicht nur auf ausreichend öffentliche Mittel, sondern dringend auch auf die Fahrgeldeinnahmen angewiesen.
In diesem Sinne weist auch Schaefer auf die ÖPNV-Finanzierung hin: „Ich betone erneut, dass bereits ab 2022 die Regionalisierungsmittel dringend erhöht werden müssen, um dauerhaft mehr Fahrgäste im ÖPNV befördern zu können.“
Hohe Nachfrage könnte Kapazitätsengpässe zur Folge haben
Aufgrund des Zuspruchs könne es stellenweise im ÖPNV zu Kapazitätsengpässen kommen. „Das deutsche ÖPNV-System ist sehr leistungsfähig. Aber es wird im Juni, Juli und August Strecken geben, auf denen es richtig voll wird“, meint Wortmann. „Denn auch wenn das 9-Euro-Ticket eigentlich nicht als touristisches Angebot gedacht war, sondern als Entlastung für die Menschen aufgrund der gestiegenen Energiepreise, werden viele Fahrgäste damit in den Sommermonaten zu Ausflugs- und Urlaubszielen fahren.“