Der Trend zur digitalen Kommunalfinanzierung verstetigt sich. Dabei fällt das Urteil bei den digitalen Bürgerdiensten laut einer aktuellen Umfrage erstmals positiv aus.

Unbestritten ist die Digitalisierung für die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Deshalb erfasst die Europäische Kommission auch die digitalen Fortschritte ihrer Mitgliedsstaaten über den Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (Desi). In diesem Ranking der EU-Länder nach der Integration digitaler Technologien nimmt Deutschland gegenwärtig nur Rang 16 ein. Um nun aufzuholen und große sichtbare Fortschritte gerade auch im öffentlichen Bereich zu erzielen, muss das Onlinezugangsgesetz (OZG), das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, Verwaltungsleistungen als E-Government auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, zügig weiter umgesetzt werden.

Auch vor diesem Hintergrund befragte die TU Darmstadt in Kooperation mit komuno, der digitalen Plattform für Kommunalkredite, für das „Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2023“ etwa 450 Finanzentscheider aus Kommunen, kommunalen Unternehmen und Finanzinstituten. Die Ergebnisse bieten einigen Anlass zur Hoffnung und unterstreichen erneut die Bedeutung der Kämmereien im Rahmen der Digitalisierung.

Kommunen erzielen Fortschritt bei Digitalisierung interner Abläufe

Schon im vergangenen Jahr zeigten die Zahlen des Trendbarometers, dass die Mehrheit der befragten Kommunen den Fortschritt bei der Digitalisierung interner Abläufe als zufriedenstellend oder besser beurteilt – ein Trend der sich zuletzt weiter verstärkt hat. In diesem Jahr fällt aber auch das Urteil bei den digitalen Diensten für die Bürgerinnen und Bürger erstmals recht positiv aus. Fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) sehen jetzt auch hier zumindest zufriedenstellende Fortschritte, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 7 Prozentpunkten. Dieser Befund ist auch deshalb sehr bemerkenswert, weil die zeitlich parallel zusammengestellte DIHK-Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen zum Fortschritt bei der Digitalisierung quasi einen Stillstand im Bereich der Privatwirtschaft beobachtet.

Für die inzwischen sehr positiv wahrgenommenen Digitalisierungsfortschritte in den kommunalen Finanzverwaltungen finden sich zwei Erklärungswege. Zum einen agieren viele Kämmerer in den Kommunen als Treiber der Digitalisierung und gestalten so den digitalen Fortschritt aktiv mit. Zum anderen können die Finanzverwaltungen sich immer mehr auf das große digitale Know-how der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stützen, welches die ganz große Mehrheit von 86 Prozent (Vorjahr: 77 Prozent) als mindestens zufriedenstellend einstuft.

Professionalisierung im kommunalen Schuldenmanagement

In der Konsequenz dieser hohen Digitalaffinität nutzt die Mehrheit der Finanzverwaltungen (51 Prozent) im Schuldenmanagement professionelle Software oder selbst erstellte Berechnungstools, manuelle, analoge Handhabungen verlieren an Bedeutung. Diese Professionalisierung erscheint gerade vor dem Hintergrund einer Ausweitung des Kreises der Finanzierungspartner, den offensichtlich viele Kommunen anstreben, allerdings auch notwendig. So wird die einzelne E-Mail zur Finanzausschreibung nur noch von einer Minderheit der Kommunen genutzt, E-Mail-Verteiler an einen größeren Kreis von Finanzinstituten und digitale Marktplätze gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Konsistent dazu geht nur noch bei einer immer kleineren Minderheit der Kommunen die Finanzausschreibung per Telefon oder Fax an potentielle Finanzgeber.

Etwa 40 Prozent der Befragten nutzen gegenwärtig digitale Plattformen für ihre Finanzbeschaffung. Auf die Frage nach den Anforderungen, die erfüllt sein mussten, um einen digitalen Marktplatz für Kommunalfinanzierungen zu nutzen, verweisen die Befragten zunächst erneut auf die gute Transparenz und Vergleichbarkeit der Kreditangebote sowie die attraktiven Kreditkonditionen, aber auch auf einfache Bedienbarkeit, Zeitersparnis und gute Dokumentation aller Vorgänge. Bemerkenswert erscheinen aber besonders die Bedeutungszuwächse der regionalen und der überregionalen Finanzpartner, die auf den digitalen Marktplätzen präsent sind. Wenn dieser angebotsgetriebene Aspekt einen Bedeutungsanstieg von zusammen 18 Prozentpunkten erfährt, wird der hohe inzwischen erreichte Reifegrad der Plattformlösung zur Kommunalfinanzierung deutlich Mehr Finanzierungspartner ziehen mehr kreditsuchende Kommunen an, wodurch wiederum weitere Finanzpartner Interesse an der Plattform gewinnen.

Bemerkenswert erscheinen besonders die Bedeutungszuwächse der regionalen und überregionalen Finanzpartner.

Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2023

Mit Blick auf die hohe Inflation und den dramatischen Zinsanstieg der vergangenen 12 Monate gewinnen insbesondere für die kommunalen Investitionsprojekte Fördermittel an Bedeutung. Da dieser Bereich immer noch als sehr intransparent und komplex wahrgenommen wird, sind die Finanzverwaltungen gefordert, sich umfassend zu informieren. Dabei zeichnete sich im zurückliegenden Jahr ein stark verändertes Informationsverhalten ab. Während alle traditionell dominierenden Quellen wie der Internetauftritt der Fördergeber, die staatlichen Förderportale, Newsletter, Printmedien und Arbeitskreise zum Teil drastische Bedeutungsverluste hinnehmen mussten, erfuhren digitale Plattformen hier den deutlichsten Zuwachs.

Autor

Dr. Dirk Schiereck ist Professor am Fachgebiet Unternehmensfinanzierung der TU Darmstadt.
dirk.schiereck@tu-darmstadt.de

Thomas Eitenmüller ist Geschäftsführer der komuno GmbH.
thomas.eitenmueller@komuno.de

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