„Die Kommunen in Deutschland sind leistungsfähig“, stellte Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, zum Auftakt des KGSt-Forums gestern in Bonn klar. „Das möchte ich hervorheben aber es darf uns nicht übermütig machen“, fügte er hinzu. Gerade im Hinblick auf die Flutkatastrophe an der Ahr müssten jetzt auch unbequeme Fragen gestellt werden. „Haben wir wirklich alles richtig gemacht?“, hinterfragte er auch die Organisation der jüngsten Wahlen in Berlin. Klar sei auch, es gebe trotz der kommunalen Stärke eindeutigen Verbesserungsbedarf.
Der nach eigenen Angaben größte kommunale Fachkongress in Deutschland, findet nach der Corona-bedingten Pause im vergangenen Jahr jetzt an drei hintereinander folgenden Tagen noch bis Morgen in Bonn statt. Zum ersten Mal gibt es neben der Präsenzveranstaltung auch hybride Elemente und die Möglichkeit, digital teilzunehmen.
Innovation meint nicht nur Technik
Die KGSt habe laut Henneke und getreu dem diesjährigen Veranstaltungsmotto „Innovationen gemeinsam gestalten“ schon immer für Zukunftsthemen gestanden. Doch bei Innovationen sei nicht nur die Technik gemeint: „Wenn wir über Innovationen in der öffentlichen Verwaltung reden, geht es nicht nur um technische Weiterentwicklungen, sondern zuerst um das Ziel, wo wir hinwollen“, machte Henneke deutlich. Dies sagte er auch mit Blick auf den Verwaltungsrat der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, dessen Vorsitzender er von 2016 bis zu diesem Monat war.
Mit diesen einführenden Worten schlug Henneke bereits den Bogen zum späteren Vortrag des Zukunftsforschers Kai Gondlach, der die Veranstaltungsteilnehmer auf eine Zeitreise ins Jahr 2050 mitnahm. In Abgrenzung zu Gondlachs Zukunftsvision in der es „Jobnomaden auf Zeit“ geben werde, betonte Henneke die Gemeinschaft als Wert an sich.
Corona-Pandemie als Katalysator für die Digitalisierung
Dabei müsse die KGSt, die drei kommunalen Spitzenverbände Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Städtetag sowie die Politik die gesamte Spannbreite der Einwohner Deutschlands im Blick behalten. Auch kleinere Landkreise und Gemeinden erwarteten Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Schließlich würden von rund 83 Millionen Einwohnern nur 20 Millionen in kreisfreien Städten wohnen, 56 Millionen in kreisangehörigen sowie 47 Millionen in ländlichen Räumen und davon 27 Millionen in „ganz und gar ländlichen Räumen“.
Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner hob in ihren Begrüßungsworten die Bedeutung der Corona-Pandemie hervor. Sie habe deutlich gemacht, was die kommunale Verwaltung beispielsweise auf der Ebene des Krisenmanagements leisten könne. Gleichzeitig sei auch deutlich geworden, „was noch getan werden muss“. Die Pandemie sei ein Katalysator für Themen, die die kommunale Familie schon länger beschäftige wie Home Office oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Urbanisierung als Marketinglüge
Passend dazu räumte Zukunftsforscher Gondlach zum Schluss der Auftaktveranstaltung mit einigen heute vorherrschenden Erwartungen an die Zukunft auf. Zumindest für den globalen Norden gebe es aus der Perspektive des Jahres 2050 keine Notwendigkeit für Wachstum, damit sei der Trend der Urbanisierung als Marketinglüge enttarnt. Stattdessen sei der schon seit den 2020er Jahren zu beobachtende Zug in die Peripherie das wichtigere Thema. Im Jahr 2050 würde es kein Land mehr geben, denn die Stadt sei gleichzeitig Land.
Wenn diese Vorhersage im Jahr 2050 tatsächlich wahr geworden wäre, zeigte dies im positiven Umkehrschluss auch, dass sich die heutigen Digitalisierungsanstrengungen gelohnt hätten. Ob der Arbeitsplatz auf dem Land oder in der Stadt liegen würde, machte dann keinen Unterschied mehr. Damit hätte sich dann auch das heutige Versprechen nach gleichwertigen Lebensverhältnissen schlussendlich erfüllt.