Die öffentliche Infrastruktur hängt oft an der Software einzelner Hersteller. Doch Kommunen streben vermehrt nach digitaler Souveränität – zum Beispiel die Stadt Dortmund.

Der Begriff der „digitalen Souveränität“ gewinnt im politischen Diskurs an Relevanz. Europa möchte in der Welt digital souverän agieren. Dafür ruft EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein „digitales Jahrzehnt“ aus, in dem sich die EU digital eigenständig positionieren will. Genauso will die Bundesregierung nach eigenen Angaben die „digitale Souveränität der Bürger stärken“. Doch digitale Souveränität beginnt nicht auf der nationalen oder auf der supranationalen Ebene. Sie beginnt auf der kommunalen. 

Digitale Abhängigkeit von Herstellern und Systemen

Dort hat die Realität allerdings oftmals wenig mit „digitaler Souveränität“ zu tun. Es gibt unzählige Abhängigkeiten: von großen, meist US-amerikanischen IT-Konzernen und von deren proprietären Softwareprodukten. An vielen Stellen ist die öffentliche Verwaltung gebunden an einzelne Hersteller oder Systeme. In wichtigen Prozessen kommt lizenzierte Software zum Einsatz, deren Quellcode und Funktionsweise nur dem Hersteller im Detail bekannt ist. 

Kommunen haben also oft nur begrenzten Einfluss auf die digitalen Instrumente, mit denen sie die öffentliche Infrastruktur und die Daseinsvorsorge steuern. Digital souverän sind sie also nicht. Für diesen Umstand entwickelt sich derzeit ein Problembewusstsein. Der Deutsche Städtetag und die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement arbeiten gerade an einer Positionierung. Damit wollen sie für die Problematik sensibilisieren und Kommunen auch dazu anregen, Open-Source-Strategien zu verfolgen, also Freie Software einzusetzen. 

Freie Software und Offene Standards

In Dortmund beschäftigt man sich bereits mit dem Thema: Hier arbeiten städtische Stellen mit der Bürgerinitiative Do-FOSS (Free and Open Source Software) gemeinsam an der Frage, wie der Einsatz von Freier Software und Offenen Standards forciert werden kann. „Open Source ist der Grundbaustein, um digitale Souveränität erreichen zu können“, sagt Christian Nähle, Geschäftsführer von Do-FOSS. 

Die Digitalisierung durchziehe nicht nur die Lebenswelt vieler Menschen, sondern bestimme die öffentliche Daseinsvorsorge. Nähle hält es daher für unabdingbar und demokratisch geboten, dass die öffentliche Hand über entsprechende Kontrollmöglichkeiten und den Einfluss darauf verfügt. Daher fordert er eine radikale Abkehr von Herstellerabhängigkeit: den „Einstieg in den proprietären Exit“. Dies dürfe sich nicht nur auf einzelne Anwendungen beziehen, sondern grundsätzlich auf Betriebssysteme und die gesamte digitale Arbeitswelt. 

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Verständnis von interkommunaler Kooperation

Kommunen könnten dafür eine Vorreiterrolle einnehmen. Dazu bedürfe es aber eines neuen, erweiterten Verständnisses von interkommunaler Kooperation. Um Lösungen schnell voranbringen zu können, müssten Kommunen bereit sein, sich noch stärker als bisher miteinander zu vernetzen.  

Erste Ansätze dafür gibt es bereits. Gerade findet sich auf Initiative der Open Source Business Alliance und der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister Vitako ein Interessenverbund zusammen, der ein sogenanntes „Repository“ aufbauen möchte. Diese Plattform soll eine vertrauenswürdige Basis sein, auf der Kommunen ihre Freie Software und Quelltexte austauschen können. Hier kann Open-Source-Software für den öffentlichen Dienst abgelegt, bearbeitet, weiterentwickelt und weitergegeben werden. Auch Do-FOSS nimmt an dem Verbund teil. 

Neben der Frage nach der Herstellerunabhängigkeit sei es auch eine Frage des Einsatzes öffentlicher Ressourcen: Arbeiteten Kommunen zusammen an digitalen Lösungen, ließen sich Parallelentwicklungen vermeiden, sagt Nähle. Dies beschleunige die digitale Innovation in öffentlichen Verwaltungen. Zudem käme der Einsatz öffentlicher Mittel allen zugute. Und auch finanzschwächere Kommunen hätten leichteren Zugang zu gemeinsam erarbeiteten Lösungsansätzen. 

Engagement für Freie Software

Unter reinen Finanzaspekten möchte Nähle das Engagement für Freie Software und Offene Standards nicht verstanden wissen. Grundsätzlich gehe es um eine Haltung und das Lösen von Abhängigkeiten.  

„Natürlich wird ein Umbruch immer mit einer Investition verbunden sein. Doch wir gehen davon aus, dass sich diese für den Einsatz Freier Software in überschaubarer Zeit amortisiert“, sagt Nähle. Dies sei jedoch nur schwer zu kalkulieren, da die Lizenzgebühren für Software meist gut gehütete Geheimnisse sind. Dies gilt auch für Kommunen, da aufgrund der Geschäftsgeheimnisse der Hersteller in öffentlichen Debatten in der Regel nicht über entsprechende Lizenzen diskutiert wird.  

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