In einem aktuellen Positionspapier, das DNK exklusiv vorliegt, fordern vier namhafte SPD-Kommunalpolitiker Soforthilfe von Bund und Ländern für die von der Coronakrise getroffenen Städte und Gemeinden. Anders als anfangs angenommen, treffe die Krise alle Kommunen und mitnichten nur die finanzschwachen.

Corona verändert die Welt und betrifft alle. Wie wir gelernt haben, bedroht das Virus nicht nur alte sondern auch junge Menschen. Übertragen auf die finanzpolitischen Auswirkungen der Pandemie, lässt sich sagen, die Covid-19-Krise setzt strukturschwache wie finanzstarke Kommunen unter Druck. Besonders heftig sind die ertragsseitigen Verluste bei Städten und Gemeinden mit einem hohen Anteil an Chemie-, Metall-, Elektro- und Stahlindustrie, Kultur- und Kreativwirtschaft, Tourismus und Gastgewerbe. Diverse Kämmerer haben bereits reagiert und Haushaltssperren verhängt. Auf die Frage, wie es perspektivisch weitergehen soll, wissen sie jedoch noch keine Antwort, denn Bund und Länder halten sich bedeckt.

Um den politischen Diskurs anzuregen und dafür Substanz zu schaffen, haben sich vier Parteifreunde der SPD als Vertreter unterschiedlicher Städte im Norden und Süden, Osten und Westen der Republik zusammengetan und ein gemeinsames Positionspapier mit dem Titel „Kommunen in der Krise – Absturz verhindern, Aufstieg sichern“ verfasst (siehe PDF unten). Harald Riedel, Kämmerer der Stadt Nürnberg, Arne Schneider, Haushaltsdirektor der Freien und Hansestadt Hamburg, Apostolos Tsalastras, Kämmerer der Stadt Oberhausen und Peter Lames, Finanzbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden fordern darin konkrete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der kommunalen Leistungsfähigkeit.

Im Kern geht es ihnen um ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der Kommunen, das der Bund gemeinsam mit den Ländern aufsetzen und noch in der ersten Hälfte des Jahres 2020 zur Auszahlung bringen soll. „Angesichts der aktuellen Betroffenheit aller Kommunen sollte die Verteilung nach der Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner erfolgen. Der Bund sollte zudem befristet auf seinen Anteil aus der Gewerbesteuerumlage verzichten, um den Kommunen größeren finanziellen Spielraum zu gewähren. Eine Entlastung aus dem Länderanteil käme nur in Betracht, wenn es nicht zu einer Refinanzierung über den kommunalen Finanzausgleich käme“, heißt es im Positionspapier. Um Liquiditätsengpässe vermeiden zu können, fordern sie einen neuen Zugang zur Kreditversorgung und die Möglichkeit eine entsprechende Finanzagentur des Bundes nutzen zu können.

Sozialleistungen werden drastisch steigen

In einem weiteren Punkt fordern die Kommunalpolitiker vom Bund Unterstützung bei den Sozialleistungen, die pandemiebedingt mit leichtem Verzug in die Höhe schnellen werden. Konkret schlagen sie vor, dass der Bund die Kosten der Unterkunft in den nächsten fünf Jahren vollständig übernehmen sollte, um auf diesem Wege die Kommunen mit hohen Soziallasten ursachengerecht zu unterstützen. „Die im SPD-Regierungsprogramm verankerte nachhaltige Entlastung bei den Sozialausgaben sollte umgehend erfolgen. Jetzt gilt es die Entstehung neuer Liquiditätskredite auf Grund der Pandemie zu vermeiden“, heißt es im Positionspapier.

Darüber hinaus geht es um eine Unterstützung der Kommunen in der Gesundheitsversorgung, beim Ausbau pandemieresistenter Infrastrukturen, um finanzielle Hilfen für die schulbezogene Jugendsozialarbeit, um die Finanzierung eines pandemiereselienten Nahverkehrs und um zusätzliche Mittel für die Digitalisierung der Verwaltung.

Kämmerer fordern Altschuldenlösung

Die Autoren weisen schließlich noch darauf hin, dass der für 2020 zu erwartende Steuereinbruch bei den Ländern spätestens im Folgejahr an den kommunalen Finanzausgleich weitergereicht werde und sich damit die finanzielle Situation in den Kommunen dramatisch verschärfen werde. „Die kommunalen Haushalte benötigen deshalb eine garantierte Haltelinie, die die krisenbedingten Verluste zumindest überwiegend ausgleicht. Es ist auch fiskalisch sinnvoll, die dafür erforderliche Neuverschuldung auf Landesebene zu organisieren statt in jeder einzelnen Kommune“, heißt es im Positionspapier. Als letzten Punkt fordern die Autoren den Umbau europäischer Regeln zur Stärkung der Daseinsvorsorge. Die EU müsse den Kreis der Daseinsvorsorge sehr viel weiter ziehen als bisher. Die Netze der Daten- und Telekommunikation, die Plattformökonomie, der grundlegenden Logistik sowie die basalen Finanzdienstleistungen sollten künftig dazu gerechnet werden können.

Abschließend erinnern Harald Riedel, Arne Schneider, Apostolos Tsalastras und Peter Lames daran, dass die noch nicht gelösten Fragen zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und zum Thema Altschulden nach der Krise mit neuer Dringlichkeit angegangen werden müssen.

Lesen Sie hier das vollständige Positionspapier exklusiv:

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v.wilke@derneuekaemmerer.de

Info

Weitere Hintergründe finden Sie auf den DNK-Themenseiten Coronakrise, Haushaltssperre und Altschulden.

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