Marburg rechnet nach eigenen Angaben mit „mehr Einnahmen und stabilen Finanzen“. Trotz der Coronakrise kann die hessische Stadt ihren diesjährigen Haushalt gegenüber dem Entwurf vom Februar verbessern. „Am Ende stehen wir sogar finanziell besser da als am Anfang erwartet“, teilt Kämmerer und Oberbürgermeister Thomas Spies gegenüber DNK und der OBM-Zeitung mit.
Das erstaunlich positive Bild, das die Stadt vermeldet, hängt mit ihren strukturellen Besonderheiten zusammen. „Wir haben Sondereinnahmen zur Seite gelegt und uns so Spielräume bewahrt, für schwierigere Zeiten“, sagt Spies über die Finanzpolitik der vergangenen Jahre. Der Kämmerer, der vor wenigen Tagen seinen Nachtragsaushalt einbrachte, rechnet auch 2021 mit einer „stabilen“ Finanzlage.
Jahresergebnis im Nachtragshaushalt verbessert
Im Nachtragshaushalt verbessert sich das Jahresergebnis um rund 5 Millionen Euro. Dennoch bleibt ein Defizit. Im Februar plante die Stadt noch mit einer Lücke von rund 26 Millionen Euro, jetzt sind es 21 Millionen Euro. Aus den Maßnahmen des Konjunkturprogramms erhält Marburg rund 15 Millionen Euro, die zur Verbesserung des Jahresergebnisses beitragen. Diese „überkompensieren“ die tatsächlichen Gewerbesteuerausfälle der Stadt um rund 9 Millionen Euro. Außerplanmäßig belastet wird der Haushalt somit mit rund 4 Millionen Euro. Mit diesem Geld hatte die Stadt ein lokales Coronaprogramm aufgelegt und konnte so unerwartete Mehrkosten für ein Schwimmbad finanzieren.
Für 2021 plant Spies mit einem moderaten Defizit von rund 6 Millionen Euro. Dieses und das Defizit von 2020 will die Stadt mit einer Entnahme aus ihrer Rücklage, die derzeit 104 Millionen Euro beträgt, ausgleichen. Zudem sieht Spies einem Anstieg bei der Gewerbesteuer entgegen. Laut Plan steigt sie von bislang 106 auf 110 Millionen Euro im nächsten Jahr. Ebenso rechnet der Kämmerer 2021 mit einer höheren Schlüsselzuweisung, und zwar mit 22 Millionen Euro statt 5 Millionen Euro im Jahr 2020.
Solide Finanzen durch Pharmabranche
„Die Coronakrise hat auf Marburg keine grundlegend anderen Effekte als auf andere Städte und Gemeinden“, sagt Spies. Allerdings habe die Stadt mit ihrem eigenen Hilfsprogramm rasch darauf reagiert und mit der Ausgabe sogenannter Stadtgeld-Gutscheine an ihre Bürger schnell zu einer Wiederbelebung des urbanen Lebens beigetragen.
Die finanziell stabile Lage der Stadt korrespondiere mit ihrer Wirtschaftsstruktur. Diese ist geprägt durch die „ziemlich krisensichere Pharmabranche“, so Spies. Diese strukturelle Bedingung sei ein Glücksfall für Marburg. Gleichzeitig berge die Situation aber Risiken: Sollte eine der großen Firmen vor Ort in Schwierigkeiten geraten, könne sich dies schnell auf den lokalen Haushalt durchschlagen. Daher habe die Stadt in der Vergangenheit stets möglichst solide gewirtschaftet und positive Sondereffekte nicht verausgabt, sondern einer Rücklage zugeführt. „Damit können wir auch einen größeren Ertragseinbruch unbeschadet überstehen.“
Diese Rücklage nutzt Marburg in der aktuellen Krise. Allerdings sagt Spies: „Die Entwicklung der Kommunalfinanzen insgesamt lässt niemanden ganz ruhig schlafen.“ Insbesondere die mittelfristige Auswirkungen auf die allgemeine Konjunktur und den Arbeitsmarkt ließen sich noch nichts vollends überblicken. „Dadurch bestehen für uns die gleichen Risiken wie für alle anderen Kommunen, was Steueranteile und Landeszuweisungen angeht.“
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