In etlichen Bundesländern kam es diese Woche zu massiven Streiks im öffentlichen Dienst. Diesen Donnerstag und Freitag gehen die Verhandlungen um die Tarifsteigerungen in die zweite Runde. Im DNK-Interview erläutert Frankfurts Stadtkämmerer Uwe Becker was die Forderungen von Verdi für seinen Haushalt bedeuten würden und was er von den Streiks hält.

DNK: Herr Becker, diesen Donnerstag und Freitag gehen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in die zweite Verhandlungsrunde. Verdi fordert einen Sockelbetrag von 100 Euro und 3,5 Prozent zusätzliche Einkommenssteigerung für die öffentlich Beschäftigten. Was würde dies für den Haushalt der Stadt Frankfurt konkret bedeuten?

 

Becker: Die Forderung der Gewerkschaft Verdi würde den Haushalt der Stadt Frankfurt mit jährlich gut 20 Millionen Euro belasten. Betroffen sind rund 6.700 Mitarbeiter der Verwaltung und rund 3.300 Mitarbeiter der Eigenbetriebe.

Inwieweit haben Sie eine mögliche Tariferhöhung im Haushalt 2014 bereits einkalkuliert?

 

Wir haben eine jährliche Steigerung von 1 Prozent eingerechnet. Mit mehr hätten wir im Übrigen gar nicht kalkulieren dürfen: 1 Prozent entspricht den Vorgaben der Kommunalaufsicht.

In Anbetracht der erheblichen Warnstreits in dieser Woche erscheint es eher unwahrscheinlich, dass Verdi sich damit zufrieden geben wird. Die kommunalen Spitzenverbände warnen, dass Städte bei starken Tarifsteigerungen auf Outsourcing und Privatisierung zurückgreifen könnten. Ist dies auch in Frankfurt eine Option?

 

Wir haben bereits in der Vergangenheit in den Bereichen Abfallentsorgung und Busverkehr auf Zusammenarbeit mit Privaten gesetzt. Derzeit steht hier nichts auf der Tagesordnung. Ich sehe aber Kollegen in anderen Städten, die dies durchaus erwägen. Oft bleibt ja auch gar nichts anderes übrig: Wenn die Kosten steigen, werden die Leistungen natürlich dem Grunde nach auf den Prüfstand gestellt. Dann kann es zu Leistungseinschränkungen kommen oder man kann auf günstigere private Anbieter zurückgreifen.

Also kein Outsourcing in Frankfurt als Reaktion auf die aktuellen Tarifverhandlungen. Was werden Sie dann tun?

 

Natürlich müssen wir jetzt erstmal das Ergebnis der Verhandlungen abwarten. Grundsätzlich sind aber Steuererhöhungen oder zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen denkbar. Alternativ könnten wir auch neue Schulden aufnehmen. Bisher ist dies noch offen.

Für Sie als Kämmerer sind Tariferhöhungen ja eher ein Ärgernis. Haben Sie trotzdem Verständnis für die Streikenden?

 

Ja, auf jeden Fall. Das Streikrecht ist in unserer Demokratie ein hohes Gut. Gute Arbeit soll auch fair entlohnt werden – da gehe ich voll mit. Die Streiks in Frankfurt diese Woche waren auch frühzeitig angekündigt, so dass sich z.B. Eltern, deren Kitas bestreikt wurden, um eine Notversorgung kümmern konnten. Nicht so glücklich war dagegen, dass genau an diesem Tag die schriftlichen Abiturprüfungen in Hessen stattgefunden haben. Insgesamt sind die Streiks bisher aber in vernünftigen Bahnen gelaufen. Ich hoffe, dass es so bleibt.

Ein wichtiges Argument von Verdi ist, dass Gehaltssteigerungen wichtig seien, um qualifizierte Mitarbeiter für den öffentlichen Dienst zu gewinnen und zu halten. Ist das ein Argument dem Sie folgen können?

 

Ja. Insbesondere in einer Stadt wie Frankfurt am Main mit vielfältigen Beschäftigungsalternativen ist es eine Herausforderung, gute Mitarbeiter für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. Allerdings bietet der öffentliche Dienst auch vieles, was die Privatwirtschaft nicht bietet: Arbeitssicherheit steht hier sicherlich an erster Stelle. Und bei allem Verständnis für dieses Argument, darf auch die Kassenlage der Kommunen nicht außer Acht gelassen werden. Vielerorts sind die Kommunen bereits am Rande der finanziellen Handlungsfähigkeit angelangt. Ich wünsche mir sehr, dass Verdi dies nicht aus den Augen verliert.

Während wir sprechen wird in Potsdam weiter verhandelt. Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein vernünftiges Verhandlungsergebnis?

 

Es wäre jetzt wohl eher ungeschickt von mir, diese Frage zu beantworten. Grundsätzlich wünsche ich mir wie gesagt, dass die Verhandlungsparteien einerseits die finanzielle Situation der Kommunen nicht außer Acht lassen. Andererseits soll natürlich gute Arbeit fair entlohnt werden und der öffentliche Dienst auch für qualifizierte Mitarbeiter attraktiv bleiben. Und ich hoffe, dass Streiks wie bisher auch nur maßvoll eingesetzt und frühzeitig angekündigt werden.

 

k.schlueter(*)derneuekaemmerer(.)de

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