Vergangene Woche überraschte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble mit der Ankündigung, ab 2016 werde der Bund 10 Milliarden Euro jährlich zusätzlich für Investitionen bereitstellen. Was können sich die Kommunen davon erhoffen? Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, im DNK-Interview.

Herr Dr. Landsberg, bei der Vorstellung der aktuellen Steuerschätzung hat Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble am Donnerstag vor einer Woche ein Hilfspaket mit bislang unbekanntem Adressaten angekündigt. Von 2016 an will der Bund jährlich zusätzlich 10 Milliarden Euro für Investitionen bereitstellen. Wie viel vom Kuchen erhoffen Sie sich für Städte und Gemeinden?

Wenn der Bund so ein Paket schnürt, dann ist natürlich klar, dass ein großer Teil auch auf Bundesebene verbleiben wird. Noch ist der Kuchen auch gar nicht gebacken, und es ist noch völlig unklar, woher das Geld eigentlich kommen soll. Aber wir erhoffen uns als Kommunen schon eine Beteiligung, die im Milliardenbereich liegt. Die erfolgreiche Umsetzung des Konjunkturpakets II hat in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass es rechtlich möglich ist, Bundesmittel in die kommunale Infrastruktur fließen zu lassen.

Die Verteilung des Kuchens auf die föderalen Ebenen ist das eine. Auch die Privatwirtschaft meldet schon Begehrlichkeiten an. BDI-Präsident Ulrich Grillo fordert, einen Teil des Geldes für Steuersenkungen einzusetzen.

Meiner Meinung nach gibt es für Steuersenkungen derzeit überhaupt keinen Spielraum, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die große Koalition zuletzt für erhebliche Mehrausgaben im Sozialbereich gesorgt hat. Der Investitionsstau ist ein Thema von außerordentlicher Bedeutung, neben dem Wohlbefinden der Bürger geht es dabei übrigens auch um die Wirtschaft. Die Privatwirtschaft wünscht sich doch auch öffentliche Investitionen und Aufträge. Davon hat sie deutlich mehr, als von virtuellen Steuersenkungsdebatten.

Die KfW beziffert den akuten Investitionsbedarf allein für die kommunale Infrastruktur auf 118 Milliarden Euro. Die aktuell diskutierte Summe dürfte also noch nicht die Lösung sein. Sie fordern einen dauerhaften Investitionsfonds für die öffentliche Infrastruktur zugunsten aller föderalen Ebenen. Woher soll das Geld stammen?

Im Zuge der derzeitigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um die Reform der föderalen Finanzbeziehungen sind eine ganze Reihe von Umwälzungen im Gespräch. Hier sollte auch das Thema Investitionen mehr Beachtung bekommen. Konkret könnte ich mir vorstellen, den Fonds aus den Mitteln des heutigen Solidaritätszuschlags zu finanzieren.

Schäuble hat aber einen ganz anderen Plan. Derzeit steht eher eine Integration des Soli in die Einkommensteuer auf der Agenda.

Das halte ich für den falschen Weg, weil ich denke, dass das am Ende von den Bürgern als bloße Steuererhöhung wahrgenommen werden würde, obwohl es das objektiv nicht wäre. Natürlich hätten die Kommunen davon auch etwas. Aber ich denke, dass wir den Schwerpunkt auf die Investitionen setzen sollten. Denn das bekommen die Menschen vor Ort direkt positiv zu spüren.

Sie fordern auch, die Umsetzung von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) zu erleichtern. Wenn man die aber in erster Linie als Finanzierungsinstrument wählt, dann besteht doch die Gefahr, dass die Frage nach der Wirtschaftlichkeit – die eigentlich ausschlaggebend sein sollte – in den Hintergrund rückt. Man handelt aus der Not heraus, ohne Alternative.

ÖPP, die als Finanzierungsinstrument in der Kommune eingesetzt werden, müssen gegenüber der Kommunalaufsicht den Nachweis der besseren Wirtschaftlichkeit führen, sonst werden sie nicht umgesetzt. Dieses Problem sehe ich also nicht. Beim Straßenbau kommt hinzu: Warum sollte nicht ein privater Anbieter ein Projekt stemmen, um dieses dann aus künftigen Mauteinnahmen zu finanzieren? Daher brauchen wir diese Refinanzierungsmöglichkeit auch für kommunale Straßen. Das Problem ist: Wir werden den Investitionsbedarf nicht allein aus den öffentlichen Kassen decken können.

Die Maut ist doch aber für die kommunale Ebene im Moment gar kein Thema mehr. Die neue, abgespeckte Variante des Bundesverkehrsministers schließt die kommunale Ebene gar nicht mehr ein.

Ja, und als die Nachricht kam, hat sie mich – ehrlich gesagt – auch gar nicht mehr überrascht. Unser Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Aber das Grundproblem mit der Maut liegt tiefer. Sie einzuführen und die Inländer indirekt über die Kfz-Steuer wieder von ihr entlasten zu wollen, kommt der Quadratur des Kreises gleich. Der Topf wird dadurch auch schlicht viel zu klein. Daher fordern wir, die Infrastrukturfinanzierung deutlich mehr nutzerbezogen zu organisieren. Das muss die Politik umsetzen und dafür kann es auch eine europäische Regelung geben.

Wenn man sich die thematischen Schwerpunktsetzungen der kommunalen Spitzenverbände anschaut, dann fällt auf, dass für Sie persönlich das Thema Investitionen offenbar ein besonderes Steckenpferd ist. Gerne stellen Sie in diesem Zusammenhang auch die Sozialausgaben zur Disposition. Warum ist das so?

Das Thema Investitionen wird immer wieder an uns herangetragen. Wenn die Bürger mit der kommunalen Infrastruktur unzufrieden sind, dann setzt das auch die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen unter Druck. Die Menschen wollen in lebenswerten Städten und Gemeinden wohnen, darauf haben sie auch ein Recht. Und dafür setzt sich der Städte- und Gemeindebund entschieden ein.

Das dürfte aber für die Mitglieder des Städtetags und des Landkreistags in ähnlicher Weise gelten …

Das ist richtig. Ich würde es so formulieren: Es ist gewissermaßen das Markenzeichen des Städte- und Gemeindebundes, auch unangenehme Wahrheiten deutlich auszusprechen.

t.schmidt@derneuekaemmerer.de

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