Ungünstiger hätte das Timing nicht sein können: Am Donnerstag legte der Städtetag seine Forderungen an die künftige Regierung vor. Die kämen dem Bund teuer zu stehen. Wenige Stunden später gab Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble die neuesten Steuerschätzungen bekannt. Und die lesen sich wie eine Gegenrede.

Das hat sich Städtetagspräsident Dr. Ulrich Maly (SPD) sicher anders vorgestellt. Am Donnerstagmittag legte er Journalisten in Berlin seine – nach eigener Einschätzung – 4 bis 5 Milliarden Euro schweren Forderungen an die künftige Regierung vor. Das Kernthema ist der Infrastrukturausbau. Außerdem sieht der Verband bei der Eingliederungshilfe den Bund in der Pflicht und fordert ein entsprechendes Bundesteilhabegeld. So weit so gut. Doch nur wenige Stunden später legte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble seine aktuelle, nach oben korrigierte Steuerschätzung vor. Sie liest sich wie eine Gegenrede zu den Forderungen des Städtetags. Denn von den geschätzten Mehreinnahmen profitieren laut Schäubles Zahlen die Kommunen am meisten. Sie würden demnach in den kommenden fünf Jahren 5,1 Milliarden Euro mehr einnehmen als bisher gedacht.

 

Maly sagte dazu, dass die Zuwächse des kommunalen Steueraufkommens im Wesentlichen durch wachsende Sozialausgaben ausgeglichen würden. Zudem verwies er auf die gravierenden Ungleichheiten zwischen den Kommunen. Diese zeigten sich insbesondere an der Höhe der Kassenkredite. „Deshalb fordern wir Instrumente, die insbesondere den ärmeren Kommunen helfen“, sagte Maly. So würden die geforderten Finanzspritzen für den Infrastrukturausbau insbesondere den schwächeren Kommunen zu gute kommen, die hier noch erheblichen Nachbesserungsbedarf hätten.

 

Dennoch: Schäuble erteilte den Forderungen eine Absage. „Die aktuelle Steuerschätzung hat keine finanzpolitischen Spielräume geliefert“, so der Minister. Er habe bei den bisherigen Sondierungsgesprächen stets darauf hingewiesen, dass der Bund mit Abstand die ungünstigsten Finanzkennziffern habe. Ohnehin dürfe der Bund die Kommunen nicht direkt unterstützen. Der Städtetag selbst habe in „richtiger Kenntnis“ des Grundgesetzes festgestellt, dass für einen entsprechenden Ausgleich die Länder in der Verantwortung stünden.

Gewerbesteuer kein Thema

Außerdem Griff Schäuble das Argument Malys auf, dass die Haushalte der Kommunen stark auseinanderdriften. „Das ist wahr“, so Schäuble. Der Minister wies auf die hohe Volatilität der Gewerbesteuer hin. An der Gewerbesteuer als wichtigstem Standbein der Kommunalfinanzierung will der Städtetag aber nicht rütteln. Als Ersatz für die Gewerbesteuer werde in der Regel vorgeschlagen, die Hebesätze auf die Einkommensteuer zu erhöhen, sagte Dr. Eva Lohse, Vizepräsidentin beim Städtetag und Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen. Damit würden aber strukturschwache Kommunen benachteiligt, weil diese in der Regel mit hohen Sozialausgaben und zugleich mit einem relativ geringen Einkommensteueraufkommen zu kämpfen hätten. Stattdessen könne man sich vorstellen, den Kreis der Gewerbesteuerzahler auf freiberuflich Tätige auszuweiten. Das würde eine bessere Verteilung bewirken, weil die Freiberufler gleichmäßiger auf die Kommunen verteilt seien als die Unternehmen.

Aktuelle Beiträge