Ende Juni bzw. Anfang Juli haben die Holding Stadtwerke Gera AG und die Geraer Verkehrsbetriebe GmbH ein vorläufiges Insolvenzverfahren eingeleitet. Nun haben sich erstmals die Gläubigerausschüsse beraten und jeweils einer Fortführung des Geschäftsbetriebs zugestimmt. Unter dem Arbeitstitel „Stadtwerke 2.0“ werde derzeit an einem Sanierungskonzept gearbeitet, teilte die Kanzlei von Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé am Dienstag mit.
Entscheidend für die Zukunft der Verkehrsbetriebe ist die Frage, ob es die Rechtslage zulässt, dass die Stadt weiterhin Zuschüsse zahlt. Denn immerhin befindet sich das Unternehmen bereits in einem vorläufigen Insolvenzverfahren. Bislang sind die Verlustausgleichszahlungen der Stadt indirekt über die Holding geflossen. Im aktuellen Haushaltsplan sind bis zum Jahr 2018 noch jährliche Überweisungen an die Holding in Höhe von 2,5 Millionen Euro eingeplant. Dass das Geld jedenfalls nicht an die Holding fließen wird, ist bereits klar, da die Holdingstruktur im Zuge der vorläufigen Insolvenz zur Disposition steht. Die Stadt plant derzeit aber, das Geld stattdessen direkt an die Verkehrsbetriebe zu zahlen.
Damit würde Gera einen vorläufig insolventen Betrieb bezuschussen. Die Stadt ist zuversichtlich, dass dies rechtlich möglich sein wird. Als Aufgabenträger des öffentlichen Nahverkehrs stehe man in der Pflicht, sagte ein Stadtsprecher gegenüber DNK. Die Gelder flössen nicht in die Begleichung bestehender Verbindlichkeiten, sondern lediglich in den Weiterbetrieb des Nahverkehrs. Juristisch werde das Vorgehen derzeit geprüft.
Aus behilferechtlicher Sicht ist der Fall offenbar durchaus heikel. „Wichtig ist, dass genau dokumentiert wird, wofür konkret der Verlustausgleich gezahlt wird“, sagt Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Würfel von der Kanzlei GSK Stockmann + Kollegen gegenüber DNK. Die Bedingungen der EU-Verordnung zum ÖPNV (VO EG 1370/2007) bzw. – wenn diese nicht greift – des sogenannten Almunia-Freistellungsbeschlusses aus dem Jahr 2012 für Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse müssten eingehalten werden. Andernfalls müsse eine Notifizierung der Beihilfe bei der EU-Kommission beantragt werden. Eine Ausnahme von der Notifizierungspflicht im Zuge der aktuell geänderten Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gelte nicht für Unternehmen in Schwierigkeiten. „Ohne eine nötige Notifizierung wäre der Verlustausgleich nichtig und würde unmittelbar die Rückzahlungspflicht der Empfängergesellschaft auslösen“, so Würfel. „Im Zuge eines Insolvenzverfahrens wäre das wenig hilfreich.“