Kämmerer blicken pessimistisch auf die weitere Entwicklung der kommunalen Finanzen. Dem aktuellen KfW-Kommunalpanel 2023 nach gehen sie davon aus, dass es immer schwieriger wird, die notwendigen Investitionen zu stemmen.

Die Stimmung in den Kämmereien verschlechtert sich. Vor allem vulnerable Kommunen, also die Kommunen, die in den vergangenen zehn, von Krisen geprägten Jahren ihre eigene finanzielle Entwicklung als tendenziell negativ eingeschätzt haben, blicken pessimistisch in die Zukunft. Dies ist ein zentrales Ergebnis des gestern veröffentlichten KfW-Kommunalpanels 2023, das jährlich repräsentative Daten zur kommunalen Finanzlage, Investitionstätigkeit und Finanzierung liefert und im Auftrag der KfW vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) durchgeführt wird.

Immer schwieriger, Investitionen zu stemmen

Zwei Drittel der resilienten Kommunen gaben an, dass sie eine negative Finanzlage für das laufende Jahr 2023 erwarten. Bei den vulnerablen Kommunen waren es sogar 85 Prozent. Damit sei der Anteil an Kommunen, der die erwartete Finanzlage als sehr nachteilig einschätzt, deutlich gestiegen und sogar höher als im Covid-Jahr 2020, erklärte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib, beim Pressegespräch zur Veröffentlichung des Kommunalpanels. Für die Kommunen werde es daher immer schwieriger, die notwendigen Investitionen zu stemmen, so Köhler-Geib.

Größte Rückstände im Bereich der Schulen

Laut Panel sind die Investitionsplanungen im Vergleich zum vergangenen Jahr nominal um 4,4 Prozent gestiegen. Damit liege die Steigerungsrate aber unter der Inflationsrate. „Das heißt, real haben wir es hier mit größeren Schwierigkeiten zu tun“, warnte die Chefvolkswirtin. Von den geplanten Investitionen im Jahr 2022 mit einem Volumen von rund 41 Milliarden Euro seien vor allem aufgrund von Personal- und Materialengpässen nur etwas mehr als 26 Milliarden Euro tatsächlich verausgabt worden. Man sehe zwar eine Steigerung bei den Planungsgrößen, aber es werde sich erst später zeigen, was 2023 auch tatsächlich umgesetzt werde. Laut Kommunalpanel ist der Investitionsrückstand im vergangenen Jahr um knapp 4 Prozent auf 166 Milliarden Euro gestiegen. Die größten Rückstände liegen laut Studie im Bereich der Schulen, der Straßen und bei Verwaltungsgebäuden.

Kommunalkredit für Investitionen

Bei der Investitionsfinanzierung nutzen Kämmerinnen und Kämmerer weiterhin vor allem den klassischen Kommunalkredit: Rund 25 Prozent der Investitionsvolumina werden darüber gedeckt, 22 Prozent über Fördermittel, ein kleiner Beitrag durch Schuldscheindarlehen. Der Anteil an liquiden Mitteln lag im Vorjahr bei 20 Prozent und der der laufenden Deckungsmittel bei 18 Prozent.

Die Umfrage ergab zudem, dass die Kommunen damit rechnen, dass sie in diesem Jahr stärker auf Kommunalkredite zurückgreifen werden als im Vorjahr und weniger liquide Mittel und Eigenmittel nutzen können. Darin bestehe eine besondere Herausforderung, sagte Köhler-Geib, denn gleichzeitig spürten die Kämmereien schon jetzt die Auswirkungen der Zinswende auf die Kreditkonditionen. 45 Prozent gaben an, Maßnahmen zur Zinsoptimierung zu ergreifen – wie zum Beispiel Bausparverträge oder Zinsswaps. 30 Prozent wollen laut Studie Investitionen oder Ausgaben in anderen Bereichen einsparen, 11 Prozent veranschlagen höhere Zinsausgaben im Haushalt.

Beim Klimaschutz muss mehr passieren

„Der Dauerkrisenmodus droht die Klimatransformation auszubremsen“, warnte die Chefvolkswirtin. 56 Prozent der Kommunen haben laut Panel Klimarisiken im Haushalt adressiert, 44 Prozent verneinten dies. 2021 gaben die Kommunen 2,9 Milliarden Euro für Klimaschutz und 1 Milliarde Euro für Klimaanpassung aus. Mittelfristig planen sie mit ähnlichen Beträgen. „Wenn wir die Ausgaben für den Klimaschutz aber mit dem vergleichen, was erforderlich wäre, wird schnell klar, dass hier noch mehr passieren muss“, so Köhler-Geib. Insgesamt seien Investitionen mit einem Volumen von 5,8 Milliarden Euro erforderlich. Die 2,9 Milliarden Euro lägen weit darunter.

Stabile Einnahmenbasis ist Voraussetzung

Zusammenfassend betonte Köhler-Geib, dass die Kommunen im permanenten Krisenmodus der vergangenen Jahre nur schwer die akuten und strategischen Herausforderungen bewältigen konnten. Eine stabile Einnahmenbasis sei Voraussetzung, um die Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen sowie die Transformation gestalten zu können. Klima- und andere transformative Investitionen erforderten klare Zuständigkeiten, mehr Expertise und straffere Prozesse, so die Chefvolkswirtin.

„Wir müssen darüber nachdenken, ob sämtliche Aufgaben in der kommunalen Struktur richtig verortet und finanziert sind“, sagte Köhler-Geib. Die Finanzierungsüberschüsse seien immer kleiner geworden. Die Kommunen hätten negative Nettoinvestitionen und damit von der Substanz gelebt. An einzelnen Stellen seien Effizienzsteigerungen möglich, wenn sich Kommunen zusammentun würden – beispielsweise um sich einen Vergabeexperten zu teilen. Hierbei handele es sich natürlich nur um Teillösungen. Das Brett sei jedoch dick. Die Befragung habe klar gezeigt, dass sich die Kommunen Sorgen machten, ob sie in der Lage sein würden, die transformativen Aufgaben zu bewältigen.

v.wilke@derneuekaemmerer.de

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