Die öffentliche Verwaltung legt ihr verstaubtes Image ab, und Karrierewege sind nicht mehr so starr vorgegeben wie noch vor einigen Jahren. Das gilt auch für den Wechsel aus dem Kämmereramt in einen anderen Job.

Wer einmal seine berufliche Laufbahn in der Verwaltung begonnen hat, bleibt dort bis zum Ruhestand. Dieses Klischee hält sich hartnäckig und macht auch vor Kämmerern nicht halt. „Es muss schon einiges passieren, damit Beschäftigte den öffentlichen Dienst verlassen – das gilt vor allem für Beamte“, beobachtet Edmund Mastiaux, Geschäftsführer beim Zentrum für Management- und Personalberatung (zfm), das auf den öffentlichen Sektor spezialisiert ist.

Anreize wie der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und die Pension seien für viele Beschäftigte attraktiv und würden sie in der Verwaltung halten. „Bei einem kontinuierlichen Karriereweg in der Verwaltung – wenn eine Aufgabe auf die nächste folgt – gewöhnen sich die Mitarbeiter an ihr Umfeld, feiern Erfolge und bleiben gerne in ihrer gewohnten Arbeitsumgebung“.

Es muss schon einiges passieren, damit Beschäftigte den öffentlichen Dienst verlassen.

Edmund Mastiaux

Trotz allem wechseln auch die Schatzmeisterinnen und Schatzmeister der Kommunen gelegentlich ihren Beruf und beschreiten mitunter auch exotische Karrierewege. Johanna Balaskas etwa, ehemalige Kämmerin aus dem badischen Bühl, ist heute Verwaltungsleiterin beim Goethe-Institut Tokyo. Allerdings ließ sie sich für diesen Schritt viele Jahre Zeit, obwohl sie nach eigener Aussage schon ihr ganzes Leben davon geträumt hatte, einmal im Ausland zu arbeiten. Einer der Gründe: ihre Karriere in der Verwaltung, die immer weiter voranschritt.

Unter dem Verwaltungsmantel

In der Regel wechseln Kämmerer in Führungspositionen in größere Kommunen.

Alexandra Franz

„Funktionswechsel sind vor allem innerhalb der Verwaltung verbreitet“, sagt Mastiaux. In Frage kämen zusätzliche Aufgabengebiete, die Rotation von Verantwortlichkeiten innerhalb des Verwaltungsvorstandes oder zusätzliche Aufgaben in einer städtischen Tochtergesellschaft. „In der Regel wechseln Kämmerer in Führungspositionen in größere Kommunen“, beobachtet Alexandra Franz, verantwortlich für den öffentlichen Sektor und Partnerin bei der Personalberatung Executive Services Group. Anreize für einen Wechsel seien etwa mehr Verantwortung sowie eine höhere Vergütung.

„Der Wechsel in einen Landkreis oder Kreis ist meistens mit beidem verbunden“, sagt Franz, denn die Dotierung im öffentlichen Bereich hänge auch damit zusammen, wie komplex die Verantwortung sei. Da in einem Kreis mehr Bürger leben als in einer kleineren Stadt, falle ein anderer Verwaltungsaufwand für den Kämmerer an. Diesen Karriereschritt hat der ehemalige Ilseder Kämmerer Michael Take gewählt. Zum Jahreswechsel ist er Kreisrat der Landkreisverwaltung Cuxhaven geworden. Neben dem Bereich Finanzen ist Take nun zusätzlich für Personal und Organisation, zentrale Dienste sowie Ordnung und Kommunalaufsicht verantwortlich.

Bürgermeisterkandidatur

Ein weiterer möglicher Karriereschritt, der nicht von der Verwaltung wegführt, ist die Kandidatur zum Bürgermeister oder Oberbürgermeister. „Um diesen zu gehen, müssen Kämmerer Mehrheiten von den Parteien für sich gewinnen“, sagt Franz. In der Regel sei auch eine Parteimitgliedschaft von Vorteil. Bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen im vergangenen Jahr kandidierten mehrere Kämmerer für den Posten als Verwaltungschef, und viele setzten sich gegen ihre Konkurrenten durch.

Die Kämmerin der Stadt Monheim am Rhein Sabine Noll (CDU) wurde etwa im September zur Bürgermeisterin von Sprockhövel gewählt. Karin Welge (SPD), bisher Kämmerin und Stadtdirektorin, stellte sich in Gelsenkirchen der Wahl zur Oberbürgermeisterin und gewann. Nun hat sie das Amt für die kommenden fünf Jahre inne.

Wagnis freie Wirtschaft?

Relativ sicher ist der Wechsel aus der Kommune in ein öffentliches Unternehmen.

Edmund Mastiaux

In die freie Wirtschaft wechseln Kämmerer laut den beiden Personalexperten Mastiaux und Franz hingegen eher selten. „Dafür muss schon alles stimmen, und das Angebot muss besonders attraktiv sein“, so Mastiaux. Angestellte im öffentlichen Dienst seien noch eher gewillt, ihren Status aufzugeben, als Beamte. „Relativ sicher ist der Wechsel aus der Kommune in ein öffentliches Unternehmen, zum Beispiel Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften oder Wirtschaftsförderung“, so Mastiaux. Für Kämmerer kämen etwa verantwortliche Funktionen als Bereichsleiter Finanzen oder als Geschäftsführer in Frage.

„Das ist ein weicher Wechsel, denn staatliche Unternehmen müssen zwar betriebswirtschaftlich arbeiten und Gewinn machen, sie sind aber trotzdem dem Gemeinwohl verpflichtet“, sagt Mastiaux. Eine solche Position hat zum März Christoph Heneka übernommen, bis dahin Finanzdezernent im Zollernalbkreis. Im September vergangenen Jahres war er zum Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Neckar-Alb-Donau gewählt worden, eines Zusammenschlusses mehrerer Landkreise und Verkehrsunternehmen für den öffentlichen Personennahverkehr.

Sprung ins kalte Wasser

Gelegentlich wagt aber auch ein Kämmerer den sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser. Laut Mastiaux eignet sich in der freien Wirtschaft die Führung eines mittelständischen Unternehmens oder eine verantwortungsvolle Funktion in einem größeren Unternehmen. 

„Hierbei spielt sicherlich auch der Formalabschluss eine Rolle, zum Beispiel ein erfolgreich abgeschlossenes, einschlägiges Studium wie Betriebswirtschaftslehre oder Rechtswissenschaften.“ Hinzu kämen spezifische Praxiserfahrungen, etwa aus dem Bereich Beteiligungsmanagement. In der Regel gibt es laut Alexandra Franz von der Executive Services Group aber schon vor dem Wechsel Berührungspunkte. Das gelte besonders für Kommunalpolitiker, die häufig Sitze in Gremien und Aufsichtsräten hätten.

Einen eher typischen Wechsel von der Wirtschaft in die Verwaltung und wieder zurück vollzog Karl Heinz Krug. Der ehemalige Kämmerer aus Bad Homburg war schon vor seiner Amtszeit in einer Versicherung tätig. Heute ist er Berater für den öffentlichen Sektor in einem Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen. Ungewöhnlicher mutet dagegen der nächste Karriereschritt des Neuruppiner Stadtkämmerers Thomas Dumalsky an. Dumalsky hat die Verwaltung zum April verlassen, um sich beruflich neu zu orientieren, und ist Unternehmensberater geworden. Er war seit seiner Ausbildung bei der Stadt Neuruppin tätig gewesen.

Netzwerke sind wichtig

Wenn Kämmerer ihren Beruf wechseln wollen, können sie laut Franz meist ihre vorhandenen Netzwerke nutzen und dort im Vorfeld ihre Wechselbereitschaft streuen. „Möglichkeiten ergeben sich besonders dann, wenn Kämmerer Verantwortung übernehmen“, sagt Mastiaux vom zfm. Dafür müssten sie vor allem präsent sein. „Kämmerer sollten sich auf lokaler, Landes- und Bundesebene zeigen, zum Beispiel, indem sie auf Veranstaltungen gehen“, so Mastiaux. Auch die Präsenz in sozialen Netzwerken sowie das Verfassen von Fachartikeln könnten hilfreich sein.

Ferner seien Kontakte wichtig. „Ehrenamtliches Engagement in Clubs und Vereinen oder auch die Mitgliedschaft in einer Partei können bei der Jobsuche hilfreich sein.“ Letztendlich komme es aber auf die Persönlichkeit des Kämmerers an. Jobs, die für Kämmerer gar nicht in Frage kommen, gibt es laut Mastiaux nicht. „Falls ein Kämmerer fachlich top ist und über eine charismatische Persönlichkeitsstruktur verfügt, stehen ihm viele Türen innerhalb und außerhalb des öffentlichen Sektors offen.“

a.jarchau(*)derneuekaemmerer(.)de

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