Das Bundeskabinett hat den umstrittenen Grundsteuerentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am vergangenen Freitag im schriftlichen Umlaufverfahren beschlossen. „Damit wird eine unbürokratische, faire und verfassungsfeste Grundsteuer geschaffen, wie es das Verfassungsgericht verlangt hat“, teilte Scholz mit. Zugleich stellte er in Aussicht, dass die für die „neue Grundsteuer“ nötigen Beschlüsse – darunter eine Änderung des Grundgesetzes – in Bundestag und Bundesrat rechtzeitig bis Jahresende erfolgen werden.
Der Deutsche Städtetag zeigte sich erleichtert über den Kabinettsbeschluss. Nach langem Gezerre sei ein wichtiges Etappenziel erreicht, um die Grundsteuer für die Kommunen über das Jahr 2020 hinaus zu sichern, sagte Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes. Richtig aufatmen könnten die Kommunen allerdings erst, wenn die Gesetze vor Jahresende im Bundesgesetzblatt stehen.
Dedy: Bayern bleibt die Ausnahme
Dedy betonte, dass die Städte sich die nun im Gesetzentwurf enthaltene Öffnungsklausel für die Länder nicht gewünscht hätten. Mit einem „Flickenteppich“ bei der Grundsteuer sei dennoch nicht zu rechnen. „Wir gehen davon aus, dass ganz überwiegend das wertorientierte Modell des Gesetzentwurfs angewandt wird“, sagte Dedy. Dieses führe zu gerechteren Lösungen, da neben der Grundstücksfläche auch der Wert von Grundstücken und Gebäuden in die Besteuerung einbezogen werde.
Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) hatte hingegen nach Bekanntwerden des Grundsteuer-Kompromisses im Regionalmagazin buten un binnen vor einem „bundesweiten Flickenteppich“ gewarnt. Ein vom Freistaat Bayern favorisiertes Flächenmodell hält sie für sehr viel ungerechter als einen wertbasierten Ansatz. Es sei nun mal ein Unterschied, ob sich ein Grundstück an der Autobahn oder in attraktiver City-Lage befinde, sagte die Finanzsenatorin.
Einfach, aber ungerecht?
Kritisch mit Blick auf die Öffnungsklausel äußerte sich auch Nürnbergs Stadtkämmerer Harald Riedel (SPD), der auch Vorsitzender des Finanzausschusses des Deutschen Städtetages ist. Sowohl er selbst als auch sein Verband seien der Ansicht, „dass gerade die Grundsteuer entsprechend der Leistungsfähigkeit der Menschen erhoben werden sollte“, sagte Riedel den Nürnberger Nachrichten. Ein reines Flächenmodell sei zwar möglicherweise einfacher als der Ansatz von Olaf Scholz, aber ein einfaches Modell müsse nicht zwangsläufig ein gerechtes Modell sein. „Die Gerechtigkeit darf nicht hinten runterfallen, nur damit etwas einfacher wird“, betonte Riedel.
Wettbewerb durch Sonderwege der Länder
Christian Haase, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, sagte hingegen, dass die Länderöffnungsklausel eine "Chance auf echten Wettbewerbsföderalismus" eröffne. "Die Zuständigkeit für die Grundsteuer landet damit dort, wo sie hingehört – die Kommunen sind Teil der Länder und damit sind diese für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich. Dazu gehört auch die Verantwortung für den Fortbestand einer praktikablen Grundsteuer."
Wenn daraus dann 16 verschiedene Gesetze entstehen sollten, sei das nicht nur hinzunehmen, sondern könne durchaus sinnvoll sein. "Über eigene Landesgesetze lassen sich Unterschiede zwischen städtischen Ballungszentren und ländlichen Räumen besser berücksichtigen als bei einer bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelung, bei der Immobilien in Berlin genauso behandelt werden wie Immobilien im Saarland oder in Mecklenburg-Vorpommern. Der Föderalismus in Deutschland ist auf dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut, wonach die unterste Ebene, die ein Problem lösen kann, dies auch machen soll. Das Prinzip kommt jetzt auch bei der Grundsteuer an", betonte Haase.
Zweifel an Verfassungskonformität
Kritik am Grundsteuer-Kompromiss kam von den Vertretern der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, die sich für eine reine Bodensteuer einsetzt. Der von Scholz vorlegte Gesetzentwurf vernachlässige die teils erheblichen Wertunterschiede von Immobilien, die sich aus ihrer Lage ergeben. Was die Belastungswirkung von Wohnimmobilien angehe, nähere sich der Bundesfinanzminister stark der von den Bayern bevorzugten reinen Flächensteuer an. Sehr viel differenzierter sei die Herangehensweise hingegen bei Nichtwohngebäuden. „Es ist sehr zweifelhaft, ob der Gesetzentwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einer realitätsbezogenen und damit gleichheitsgerechten Bewertung entspricht“, gibt Dirk Löhr, Co-Sprecher der Initiative zu bedenken.
a.mohl(*)derneuekaemmerer(.)de
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