Eine ifo-Studie zeigt, dass eine Bemessung der Grundsteuer nach der Fläche das einfachste und gerechteste Modell sei. Widerspruch kommt vom Bündnis „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, das nicht mit Kritik an der Vorgehensweise der ifo-Forscher spart.

Das ifo Institut hat sich in der Diskussion über die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform der Grundsteuer für das Flächenmodell ausgesprochen. „Das hätte gegenüber wertbasierten Modellen erhebliche Vorteile. Vor allem Steuervereinfachung: Wir würden hohe Bewertungskosten vermeiden“, sagte ifo-Präsident Clemens Fuest bei der Vorstellung der Studie „Die Grundsteuer in Deutschland: Finanzwissenschaftliche Analyse und Reformoptionen“. Die Verbände Haus & Grund und der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) hatten die Expertise in Auftrag gegeben.

 

Wertbasierten Modellen erteilt Fuest in der Studie hingegen eine klare Absage. Bei diesen sei mehr als zweifelhaft, „ob eine verfassungsmäßige Ausgestaltung der Bewertungsvorschriften mit vertretbarem Aufwand zu realisieren sei“. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass sich eine wertbasierte Bemessungsgrundlage nah an den tatsächlichen Marktwerten orientieren müsse. „Das wäre mit einem erheblichen Aufwand verbunden, der sich angesichts des relativ geringen Grundsteueraufkommens von derzeit etwa 14 Milliarden Euro im Jahr kaum rechtfertigen ließe“, betonte Fuest.

 

Zudem sei eine Berechnung der Grundsteuer nach Flächen auch gerechter als ein wertbasiertes Modell. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers werde bei wertbasierten Ansätzen überhaupt nicht in den Blick genommen, erläuterte Fuest. Ausschlaggebend sei vielmehr der Wert des Objekts. „Ob ein Haus einer verarmten und hoch verschuldeten Witwe gehört oder einem Multimillionär, spielt keine Rolle, die Höhe der Steuer ist davon unabhängig“, heißt es dazu in der Studie.

Wer profitiert von welchem Modell?

Ausführlich gehen die ifo-Forscher auf der Grundlage von Schätzungen der Frage nach, welche Auswirkungen die verschiedenen zur Diskussion stehenden Modelle auf die Kommunen hätten. Auch bei dem vom ifo favorisierten Flächenmodell würde es bei gleichbleibenden Hebesätzen demnach Verlierer geben: So müssten die Stadtstaaten sowie größere Kommunen in Westdeutschland Aufkommensverluste von 35 Prozent verkraften. Gewinner wären wiederum vor allem Kommunen in den neuen Bundesländern sowie Städte und Gemeinden mit bis zu 20.000 Einwohnern in Westdeutschland. Von den wertbasierten Grundsteuermodellen würden laut Studie in erster Linie die Großstädte in Ost wie West profitieren. Das Nachsehen hätten kleine Kommunen, die in Ostdeutschland Aufkommenseinbrüche von über 60 Prozent zu verzeichnen hätten.

 

Die Studie belege eindrucksvoll, dass das Flächenmodell „der einzig gangbare Weg“ bei der Grundsteuerreform sei, sagte Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund. Dieser Ansatz sei nicht nur vergleichsweise einfach umsetzbar, sondern auch gerecht. Schließlich beruhe er auf dem Grundsatz: Wer mehr Fläche bewohne, zahle auch mehr.

Arbeitet das ifo mit "unrealistischen Zahlen"?

Scharfe Kritik an der ifo-Studie kam vom bundesweiten Bündnis „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. „Das Gutachten des ifo-Instituts bestätigt unsere Einschätzungen und eigenen Modellrechnungen, dass die reine Flächensteuer eine Gleichmacherei zugunsten von Eigentümern mit teuren Grundstücken wäre“, sagte Ulrich Kriese, bau- und siedlungspolitischer Sprecher beim NABU Deutschland. Grundstücke in einfachen und Randlagen würden auf der Grundlage des Flächenmodells höherbelastet, Grundstücke in guten und zentralen Lagen hingegen entlastet.

 

Den Machern der Studie wirft das Bündnis vor, „unrealistische Zahlen“ präsentiert zu haben. Hebesatzanpassungen durch die Kommunen würden bei den Schätzungen einfach außen vor gelassen. Dies führe zu „schwerwiegenden Verzerrungen“.

 

Zudem sei die Behauptung, dass es sich bei dem Flächenmodell um die einfachste Reformvariante handele, falsch. Das Gegenteil sei der Fall: Die Größen der Geschoss-, Wohn- und Nutzflächen seien in den meisten Fällen unbekannt.

 

Unterdessen macht Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Bündnis 90/Die Grünen) Druck auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Dessen Haus soll schnell konkrete Vorschläge vorlegen, sagte sie der Stuttgarter Zeitung. Noch in diesem Jahr müssten Bund und Länder zu einer Einigung kommen, betonte sie. Ein ehrgeiziges Ziel – ist man offenbar selbst im Bundesfinanzministerium uneins, welches Grundsteuermodell das beste ist. 

 

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) wiederum nahm die ifo-Studie zum Anlass, die Modelldebatte neu zu beleben. Die bayerische Position für eine notwendige Reform der Grundsteuer sieht er durch die Ausagen der Studie gestärkt. "Wir wollen eine einfache, faire und regionalisierte Grundsteuer. Bayern tritt für eine Einfach-Grundsteuer ein, die für Bürger und Unternehmen transparent und unmittelbar nachvollziehbar ist", sagte der Minister. Die Grundsteuer solle ausschließlich nach physikalischen Größen, nämlich Grundstücksgröße und Wohn- bzw. Nutzfläche, ermittelt werden. "Diese Größen sind nicht streitanfällig und vermeiden in Zeiten steigender Immobilienpreise eine Steuererhöhung durch die Hintertür", betonte Füracker.

 

a.mohl(*)derneuekaemmerer(.)de

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Alle aktuellen Entwicklungen rund um die geplante Reform der Grundsteuer finden Sie auf unserer Themenseite Grundsteuer.

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