Ein von der Reisebranche vorangetriebener Rechtsstreit um die Gewerbesteuer sorgt für erhebliche Unsicherheiten auf kommunaler Ebene. Zwar hat ein aktuelles Urteil die gewerbesteuerliche Hinzurechnung bestätigt. Es könnte aber gut sein, dass dieses Thema auf höchster politischer Ebene erneut diskutiert wird. Für die Kommunen wäre das denkbar schlecht: Schätzungen der Bundesregierung zufolge stünden Gewerbesteuereinnahmen allein für 2010 in Höhe von 1,8 Milliarden Euro auf dem Spiel.

Mal wieder sorgt ein Rechtsstreit um die Gewerbesteuer für erhebliche Unsicherheiten auf kommunaler Ebene. Aktuell geht es um die Frage, inwieweit bestimmte Aufwendungen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen. Im kürzlich vor dem Finanzgericht Münster (Aktenzeichen: 9 K 1472/13 G) verhandelten Fall geht es um Hotelzimmer, welche Pauschalreiseveranstalter bei Hoteliers einkaufen. Kläger ist das Unternehmen Frosch Sportreisen.

 

Für die kommunale Ebene stehen laut Schätzungen der Reisebranche Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 200 Millionen Euro auf dem Spiel. Direkt betroffen sind Städte mit großen Touristikunternehmen, wie Oberursel (Thomas Cook), Köln und Frankfurt am Main (DER Touristik), München (FTI Touristik), Düsseldorf (Alltours), Rostock (AIDA) und Duisburg (Schauinsland Reisen).

 

Diese Städte können zunächst einmal aufatmen. Denn das FG Münster hat in seinem Zwischenurteil vom 4. Februar die gewerbesteuerliche Hinzurechnung grundsätzlich bestätigt. Allerdings ist das Finanzgericht auch der Reisebranche entgegen gekommen. So heißt es in der am 10. Februar veröffentlichten Pressemitteilung, dass Aufwendungen der Reiseveranstalter für die Anmietung von Hotelzimmer bzw. Hotelzimmerkontingenten lediglich hinsichtlich des in ihnen enthaltenen Miet- und Pachtanteils der Hinzurechnung unterliegen. Alle weiteren in den Zahlungen enthaltenen Leistungen unterliegen dagegen nicht der Hinzurechnung. Hierunter fallen laut FG Münster einerseits Aufwendungen für reine Betriebskosten (wie zum Beispiel für Wasser, Strom und Heizung) und anderseits Nebenleistungen (wie zum Beispiel für Verpflegung, Beförderung, Unterhaltungsprogramme, Personalkosten für die übliche Rezeption und für die Reinigung der Räumlichkeiten, Stellung von Handtüchern).

 

 

Was macht Sigmar Gabriel?

Eine Revision vor dem Bundesfinanzhof hat das FG Münster aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Sachverhalts zugelassen. Angesichts des Zeitraums, welches der weitere Rechtsweg in Anspruch nehmen würde, fordert die Reisebranche eine politische Lösung. So heißt es in einer Pressemitteilung der Reiseverbände BTW und DRV: „Die Tourismusbranche zeigt sich bestätigt, dass das Thema gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei der Hotelzimmeranmietung durch Reiseveranstalter auf politischer Ebene gelöst werden muss.“

 

Politisch wird das Thema inzwischen tatsächlich auf höchster Ebene diskutiert. So hatte sich Medienberichten zufolge Vizekanzler Sigmar Gabriel gemeinsam mit NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (beide SPD) hinter die Reisebranche gestellt und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aufgefordert, eine für die Reisebranche entlastende Lösung in dieser Angelegenheit zu finden – auf offene Ohren scheinen sie dabei nicht gestoßen zu sein.

 

So manch einer in der kommunalen Welt fürchtet allerdings, dass der zunächst nur die Reisebranche betreffende Rechtsstreit auch andere Wirtschaftsverbände auf den Plan bringen könnte. Denn die gewerbesteuerliche Hinzurechnung spielt auch anderswo eine Rolle, z.B. bei den inzwischen weit verbreiten Leasingverträgen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervorgeht, stünden damit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro auf dem Spiel.

Auch wenn es nicht zuletzt mit dem aktuellen Urteil sehr unwahrscheinlich erscheint, dass dieses Horrorszenario eintreffen wird, ist eine breite politische Diskussion um die Hinzurechnung sicherlich aus kommunaler Sicht alles andere als wünschenswert.

 

k.schlueter(*)derneuekaemmerer(.)de

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