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Kehrtwende bei NRW-Altschuldenlösung

Die nordrhein-westfälische Landesregierung verschiebt ihre umstrittenen Pläne für eine Altschuldenlösung. Der Einstieg in die Altschuldenlösung solle nicht wie geplant im kommenden Jahr, sondern erst zum Haushaltsjahr 2025 erfolgen, teilte das Land am Dienstag mit. Die „Perspektiven für die Kommunalhaushalte“ hätten sich deutlich verschlechtert, heißt es zur Begründung.

Ursachen dafür seien die „zunehmende Eintrübung der Konjunktur, sinkende Steuereinnahmen auf allen staatlichen Ebenen, (…) steigende Kosten in vielen Bereichen und die Folgen des kommunalen Tarifabschlusses“. Hinzu komme auch das geplante Wachstumschancengesetz des Bundesfinanzministeriums, das zu weiteren Steuereinbußen für die Kommunen führen werde.

Altschuldenlösung mit Spitzenverbänden weiterentwickeln

Die schwarz-grüne Landesregierung möchte ihre Altschuldenlösung nun nach eigenem Bekunden mit den kommunalen Spitzenverbänden weiterentwickeln. Am Ende solle ein Konzept stehen, bei dem auch der Bund das Land mit einem eigenen Finanzierungsanteil unterstützt.

Um den Bundesvorgaben gerecht zu werden, soll daher „noch in diesem Jahr damit begonnen werden, eine belastbare und kommunenscharfe Übersicht der tatsächlichen Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung zu erarbeiten, die eine geordnete Schuldenübernahme und eine umfassende Transparenz über die Kosten ermöglicht“, kündigt NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach in einer Mitteilung an.

Vernichtende Resonanz auf Finanzierungsmodell

Nordrhein-Westfalen hatte Mitte Juni Pläne für eine kommunale Altschuldenlösung veröffentlicht. Sowohl Vertreter der Kommunen als auch des Bundes waren von dem Vorhaben überrascht worden und hatten sich entsprechend überrumpelt von dem offenbar unabgestimmten Vorgehen des Landes gezeigt.

Die Resonanz auf die Pläne war vernichtend: Nahezu einhellig bemängelten Kämmerer und Oppositionspolitiker, dass die Landesregierung de facto keine eigenen Mittel für die Entschuldung der Kommunen bereitstellen wollte. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte die NRW-Pläne daher scharf kritisiert und dem Wunsch nach einer Beteiligung des Bundes eine unmittelbare Absage erteilt. Am vergangenen Freitag hatten schließlich Experten – darunter der Wissenschaftler Martin Junkernheinrich – bei einer Anhörung im Landtag Nachbesserungen an dem bisherigen Vorschlag gefordert.

Spitzenverbände begrüßen Aufschub

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten die Verschiebung der Altschuldenlösung in einer gemeinsamen Mitteilung. Der neue Zeitplan sei angesichts vieler offener Fragen „eine realistische Zielmarke“.

Weit weniger diplomatisch äußerte sich SPD-Oppositionsführer Jochen Ott, der gegenüber der Nachrichtenagentur dpa von einer „Rückzieherregierung“ sprach, die ihre eigenen Versprechen breche, da sie die Altschuldenlösung im Koalitionsvertrag für dieses Jahr angekündigt hatte. „Diese Landesregierung kann es einfach nicht“, sagte Ott.

s.doebeling@derneuekaemmerer.de

Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.