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Altschulden: kommunaler Hilferuf an Bundespräsidenten

„Wir brauchen Ihre Hilfe“: Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ wendet sich mit einem eindringlichen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Ihre Worte sind starke Zeichen, Ihr Signal an die Verantwortlichen im Bund könnte den gordischen Knoten durchschlagen, der derzeit die Altschuldenhilfe und eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen verhindert“, heißt es darin weiter.

Es fehle an allen Ecken Geld, die Kommunen „quälen hohe Altschulden“. Sie könnten kaum noch ihre Pflichtaufgaben finanzieren, und trotz Ankündigung komme die zugesagte Hilfe nicht. Das Bündnis hat den Brief, der unserer Redaktion vorliegt, im Namen seiner 64 Mitgliedskommunen aus sieben Bundesländern geschrieben. In diesen Städten und Gemeinden leben mehr als 8,5 Millionen Menschen.

Bündnis zu Kommunalfinanzen verzichtet auf Zahlen

In dem Brief an das Staatsoberhaupt verzichtet das Aktionsbündnis laut Mitteilung „ausnahmsweise“ gänzlich auf Zahlen. Stattdessen berichtet es von den alltäglichen Folgen, die die in den Augen der Städte und Gemeinden ungerechte Finanzverteilung mit sich bringt, und der ausbleibenden Hilfe für finanzschwache Kommunen.

Gleichzeitig erinnert das Bündnis an die Ankündigung einer Altschuldenlösung im Koalitionsvertrag. Bisher gebe es jedoch keinen Vorschlag der Bundesregierung zu diesem Thema. Dabei liegt laut den Kommunen auf der Hand, was geschehen muss: „Wir müssen die Städte und Gemeinden in den Stand versetzen, dass sie ihren Aufgaben in einem vernünftigen Maß nachkommen können. Sie müssen in der Lage sein, die kommunale Daseinsvorsorge wie die medizinische Versorgung oder Mobilität zu sichern sowie ihren Beitrag für gute Bildung und den Klimaschutz zu leisten.“

Kommunen „weitgehend unverschuldet in Not“

Die Absender des Briefes seien dabei „weitgehend unverschuldet in Not geraten“. Ihre Kommunen seien geprägt von einem Strukturwandel und litten daher heute unter weit überdurchschnittlichen Sozialausgaben bei unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen. Die betroffenen Kommunen hätten in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um ihre Lage zu verbessern. Doch die aktuellen Entwicklungen wie Preissteigerungen, Zinserhöhungen oder der Tarifabschluss machten diese mühsam errungenen Erfolge zunichte. Alle Anstrengungen und Entbehrungen drohten daher wirkungslos zu bleiben.

Dabei sehen sich die Kommunen in einer „Vergeblichkeitsfalle“. Dies würde ihren Vertreterinnen und Vertretern immer deutlicher gespiegelt. In diesem Zusammenhang spiele das Wort „Warum“ eine zentrale Rolle: „Warum sehen unsere Straßen und Schulen so aus? Warum bekomme ich keinen Platz in der Kindertagesstätte? Warum zahle ich hier so viel Grundsteuern und Gebühren? Warum muss ich so lange auf einen Termin warten? Und, und, und“, listet das Aktionsbündnis in seinem Brief auf.

Sozialer Friede auf dünnem Eis

Die Folge sei ein gefährlicher Vertrauensverlust in die erste Ebene des Staates und letztlich in das gesamte System. So heißt es im Brief weiter: „Nicht nur (die) erschreckende Zunahme von Zustimmung zu extremen Parteien, sondern auch zu extremen Aussagen macht uns massive Sorge. Der soziale Friede und die demokratischen Grundwerte in unseren Städten bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Die Menschen erleben aus ihrer Sicht, dass die staatlichen Ebenen versagen, wie aktuelle Umfragen bestätigen. Selbst das Vertrauen zu den Handelnden vor Ort nimmt dramatisch ab.“

Sprecher des Bündnisses sind unter anderem Christoph Gerbersmann, Kämmerer der Stadt Hagen, Martin Murrack, Kämmerer der Stadt Duisburg, Barbara Meyer, Stadtkämmerin von Saarbrücken sowie Andrea Pospich, Stadtkämmerin von Cuxhaven.

ak.meves@derneuekaemmerer.de

Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.