Habeck besucht PCK-Raffinerie und skizziert Sicherungskonzept. Der Ausstieg aus russischem Erdöl dürfte den Haushalt der Stadt belasten.

Die Energiewende nimmt Fahrt auf und fordert von den betroffenen Standorten Anpassungsleistungen. Brunsbüttel gibt der Ausbau der Flüssiggaskapazitäten einen Schub – DNK berichtete. Dagegen sieht die brandenburgische Stadt Schwedt dem Ölembargo der EU mit Sorgen entgegen. Die dortige Raffinerie ist im Besitz des russischen Ölkonzerns Rosneft und verarbeitet bislang ausschließlich russisches Öl.

Nun sollen Lieferungen aus anderen Ländern den Betrieb sicherstellen, verspricht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Bei einem Besuch der PCK-Raffinerie in Schwedt am 9. Mai skizzierte er eine Lösung, die zudem Finanzhilfen des Bundes und eine Treuhandstruktur anstelle von Rosneft umfassen soll. „Wenn alles drei klappt, dann haben Sie eine Jobsicherheit für die nächste Zeit,“ sagte Habeck den Beschäftigten laut dpa.

Umstieg braucht Zeit

Für die Stadt Schwedt ist die Raffinerie neben der Papierindustrie der wichtigste Gewerbesteuerzahler und Arbeitgeber. Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe berichtete der dpa von besorgten Bürgern, die eine ähnliche Entwicklung wie nach der Wiedervereinigung in den Neunzigerjahren befürchten. „Nach der Wiedervereinigung brach vieles weg und die Stadt hatte mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent zu kämpfen“, sagte Hoppe DNK. „Diese Erinnerung sitzt tief und damit die Sorge, dass es wieder soweit kommen könnte.“

Die Stadt und das Land Brandenburg wollen möglichst lange Übergangsfristen für den Verzicht auf russisches Erdöl. Doch parallel läuft auch in Schwedt der Umstieg auf erneuerbare Energien. Hoppe will nachhaltige Industrien ansiedeln, wie die Produktion alternativer Kraftstoffe. „Seit circa zwei Jahren arbeiten wir an der Entwicklung des Innovation Campus Schwedt/Oder. Das ist ein Ort, an dem sich Industrie und Hochschulforschung verknüpfen und sich Start-ups niederlassen,“ berichtete sie dieser Zeitung. Auch Habeck sieht für Schwedt langfristig eine Zukunft als Standort für die Wasserstoffverarbeitung.

Solider Haushalt in Gefahr

Die vergangenen Jahre waren für die Stadt Schwedt finanziell erfolgreich. 2020 konnte im Haushalt ein ordentliches Ergebnis von 6,5 Millionen Euro erzielt werden. Die Rücklagen stiegen auf 30,5 Millionen Euro. 2021 lagen die Aufwendungen und Erträge mit rund 75 Millionen Euro nahezu gleichauf. Für 2022 und die folgenden Jahre rechnet die Stadt mit deutlichen Fehlbeträgen, die die Rücklagen bis 2025 auf 25,6 Millionen Euro verringern.

Nun steht mit der wirtschaftlichen Basis der Raffinerie auch ein relevanter Teil der Gewerbesteuereinnahmen im Risiko, die für 2022 in Höhe von 20,5 Millionen Euro angesetzt wurden. Auch die Einkommensteuereinnahmen würden unter einer steigenden Arbeitslosigkeit leiden. Bürgermeisterin Hoppe weist allerdings darauf hin, dass das Embargo noch nicht in Kraft getreten sei: „Das 1. Quartal 2022 ist weitestgehend planmäßig verlaufen. Wie sich die Situation zukünftig gestalten wird, bleibt abzuwarten.“

g.schilling@derneuekaemmerer.de

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