Kaffee ist ein wahres Wundermittel. Er fördert die Konzentration, senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, beugt Diabetes vor, hilft bei der Fettverbrennung, vertreibt Kopfschmerzen, regt die Verdauung an und hebt die Stimmung. Kurz: Wer Kaffee trinkt, lebt gesünder und damit in aller Regel auch länger.
Legt man diese vielversprechenden medizinischen Befunde zugrunde, hat die Verwaltung der Stadt Lahr im Schwarzwald eigentlich alles richtig gemacht. 30.000 Euro hat die Große Kreisstadt im Westen Baden-Württembergs jüngst in die Hand genommen, um in zwei hochmoderne Kaffeemaschinen zu investieren.
Kaffee für anspruchsvolle Genießer
Glaubt man dem Hersteller, punkten die beiden vollautomatischen „ultimativen Alleskönner“ vom Typ „Franke A600“ mit einer „intuitiv angeleiteten Selbstbedienung“ und einer „Kaffeeausgabestelle, die ihre Höhe automatisch anpasst“. Ganz zu schweigen von der „herrlichen Iced-Coffee-Option“ und der „revolutionären FoamMaster™-Technologie“. Gegen einen kleinen Aufpreis legt der Hersteller gerne noch einen „praktischen Tassenwärmer“ oder einen zusätzlichen Pulverbehälter für „noch mehr Schokoladenaromen“ drauf. Insgesamt dürfte das Herstellerversprechen von „denkwürdigen Kaffeemomenten ohne großen Aufwand“ in Lahr also bald zum Standard gehören.
Die Stadtverwaltung freut sich jedenfalls wie Bolle über den Kaffeegenuss auf Knopfdruck – auch weil die neuen Technikwunder spielend bis zu 200 Tassen in der Stunde schaffen sollen. Da muss bei der nächsten Dauersitzung des Gemeinderats wirklich niemand auf dem Trockenen sitzen.
Kaffeemaschine oder Kleinwagen?
Aber halt! Fast 200 Tassen pro Stunde? „Moment, das kann meine 25 Jahre alte Filtermaschine doch auch!“, denken Sie sich jetzt vielleicht, liebe Leser – und das noch zu einem Preis, der deutlich unter dem eines Kleinwagens liegt.
Mag alles sein. Aber seien wir bitte mal ehrlich: Spuckt Ihre Aroma-Antiquität etwa perfekten Latte macchiato oder aromatisierte Milcherfrischungen aus? Nein? Und so richtig schön anzuschauen ist Ihr Filter-Fossil doch auch nicht, oder? Na, sehen Sie!
Und so verweist die Lahrer Stadtverwaltung auf Nachfrage der Lokalpresse dann auch mit Fug und Recht auf den beachtlichen „repräsentativen Charakter“ der beiden bis zum letzten Schräubchen durchdesignten Neuanschaffungen. Das Auge isst bzw. trinkt schließlich mit.
Es schmeckt nicht jedem
Nur einem will die Investition in die neuen kommunalen Highendgeräte nicht so recht schmecken. Ausgerechnet Oberbürgermeister Markus Ibert zeigte sich in den Lokalmedien „nicht begeistert“ von den hochpreisigen „Alleskönnern“. Auch in den sozialen Medien erhitzen die Luxus-Kaffeemaschinen die Gemüter – hatte das Regierungspräsidium Freiburg der finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten Stadt doch jüngst empfohlen, den Gürtel künftig enger zu schnallen.
Bleibt die Frage: Wenn Kaffee so gesund ist – war die Investition vielleicht am Ende doch ein Beitrag zur Gesundheitsförderung der Belegschaft? Möglich. Zumindest kann man in Lahr jetzt sagen: Die Kassenlage ist bitter – aber der Kaffee hat Crema.
Ariane Mohl ist Redakteurin im Public Sektor des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen schreibt sie über die Energiewende in den Städten und Gemeinden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Die Politikwissenschaftlerin arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin. Vier Jahre lang war sie als Redakteurin für den Neuen Kämmerer tätig. Nach fünf Jahren bei der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) ist sie seit Juli 2025 wieder für den F.A.Z.-Fachverlag im Einsatz.

