Der kommunale Fachkräftemangel hat sich unlängst zu einem Arbeitskräftemangel ausgeweitet: Die Spürbarkeit nimmt zu. Gerade kleine Kommunen fühlen sich von zunehmenden Anforderungen auf der einen Seite und steigenden Erwartungen eines knapper werdenden Bewerberpools auf der anderen Seite in die Zange genommen.
Digitalisierung kann einen Beitrag zur Problemlösung bieten. Die Digitalisierung erlaubt uns Abläufe, die wir ansonsten nur mit massiv mehr Personal stemmen könnten. Digitalisierung schafft Arbeitgeberattraktivität und Flexibilität. Nur so kann übergreifend zusammengearbeitet werden. Digitale interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) ist plötzlich keine Vision mehr, sondern gelebte Praxis. Und nicht nur das: Parallel werden damit auch die Prozesse zwangsläufig harmonisiert. Der zusätzliche Einsatz künstlicher Intelligenz kann Routinehandlungen, die heute noch arbeits-, personal- und kostenintensiv sind, einfach erledigen.
Das würde dann auch wieder erlauben, sich den aktuellen Herausforderungen annehmen und stellen zu können. Beispiel gefällig? Zum Berichtsjahr 2025 wird eine doppische Jahresrechnungsstatistik eingeführt. Sie ist auch durch kleine Kommunen zu bedienen. Es sollte angestrebt und schon jetzt intensiv seitens der Statistiker daran gearbeitet werden, dass mit der neuen doppischen Jahresrechnungsstatistik zeitnah weitere Statistikerhebungen entfallen können, mithin Bürokratie abgebaut wird. Zu denken ist dabei an die jetzige Finanzvermögensstatistik und an die Schuldenstatistik. Die Daten beider Statistiken können allesamt präzise und ausführlicher aus den kommunalen Bilanzen, die auch für die neue doppische Jahresrechnungsstatistik herangezogen werden, entnommen werden. Gegebenenfalls können an dieser Stelle heute noch weitere nötige Mehrfacherhebungen entfallen, dann wäre das ein zusätzlicher Entlastungseffekt für die Kommunen.
Heterogene Strukturen erschweren Digitalisierung
Idealerweise wird ein solches Ansinnen mit weiteren Entbürokratisierungsmaßnahmen verknüpft. Digitalisierung ist immer dann schwer, wenn Systeme heterogen ausgestaltet sind. Ein Klassiker ist das heute noch gegebene Optionsrecht zwischen organisationsbezogener und produktbereichsbezogener Haushaltsgliederung. Es ist bekannt und durch unsere Prüfungen bestätigt, dass mit Blick auf die Datenmeldung die organisationsbezogene Gliederung der Haushalte fehleranfälliger ist und die Produktbereichsgliederung somit vorzuziehen ist.
Der heterogene Aufbau der organisationsbezogenen Haushaltsgliederung in den jeweiligen Kommunen erschwert daneben aber auch die Plausibilisierungsarbeiten im Rahmen der Rechnungsstatistik. Im Zuge dessen führt in der Plausibilisierung oftmals nur der direkte Austausch der Statistiker mit den Kommunen dazu, eine fehlerhafte Meldung in der Statistik inhaltlich korrigieren zu können. Je nach Verfügbarkeit der notwendigen Ansprechpartner kann es zeitintensiv sein, bestimmte finanzstatistische Rückfragen für Statistik und Kommune zu klären. Haushaltspläne mit einer Produktbereichsgliederung führen zu weniger Plausibilisierungstätigkeiten und damit zu weniger Rückfragen. Höchstwahrscheinlich besteht in der Abschaffung der organisationsbezogenen Haushaltsgliederung sogar ein nicht zu unterschätzendes Potential für Plausibilisierungsautomatisierungen. Aktuell macht die heterogene Haushaltsgliederung das zunichte, weil die Komplexität digitale Lösungen schwer finanzier- und darstellbar macht.
Entbürokratisierung durch Harmonisierung
Am Rande sei bemerkt, dass mit dieser Entbürokratisierung durch Harmonisierung der Haushaltsgliederung weitere Bürokratiekosten gesenkt und Probleme gelöst werden könnten: So führen die unterschiedlichen Gliederungen zu einer erschwerten Vergleichbarkeit der Kommunalhaushalte, mithin zu einem erschwerten Lernen vom anderen. (Digitale) IKZ – gerade zwischen kleineren Kommunen – wird ebenfalls erschwert, weil sich Systeme und Software unterscheiden. Die Ausbildung der Verwaltungskräfte könnte mit einer derartigen Neuerung erleichtert werden, weil nur ein System erlernt werden muss. Gleichsam könnte der Prüf-, Aufsichts- und Beratungsaufwand mit einer Harmonisierung gesenkt werden.
Die Geschichte kann an dieser Stelle noch beliebig weiterentwickelt werden, aber die Botschaft dürfte auch so angekommen sein: Die Digitalisierung ist notwendig und wird über kurz oder lang ohnehin kommen. Insofern: Chancen nutzen und bitte einfach, einfach anfangen!
Autor
Dr. Ulrich Keilmann ist Direktor HRH und Leiter der Überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften in Hessen. Er vertritt hier nur seine persönliche Auffassung.
Info
Dieser Beitrag ist zuerst in der der aktuellen Zeitungsausgabe 2/2025 von Der Neue Kämmerer erschienen.
