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Neuer Streit um Verpackungssteuer in Bayern

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Der Freistaat Bayern will der Verpackungssteuer einen Riegel vorschieben. Der Ministerrat hat sich am Dienstag mit dem Thema beschäftigt, und das Innenministerium von Joachim Herrmann will einen Gesetzentwurf für ein Verbot von Verpackungssteuern im Bayerischen Kommunalabgabengesetz vorlegen. Nachdem bereits die Grünen-Fraktion im Landtag und die Deutsche Umwelthilfe sich gegen ein solches Verbot ausgesprochen haben, reagiert nun der Städtetag des Landes. Dieser lehnt das Verbot entschieden ab: „Das Verbot einer kommunalen Verpackungssteuer stellt einen unbegründeten und überzogenen Eingriff in die kommunale Finanzhoheit dar“, ist der Geschäftsführer des bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer, überzeugt. Kommunalfreundliches Handeln sehe anders aus.

Städte wollen selbst entscheiden

Es gehe den Städten nicht darum, Einnahmen zu mehren oder mehr Bürokratie aufzubauen, sondern darum, einen Anreiz zur Müllvermeidung schaffen zu können, erklärt Buckenhofer. „Weggeworfene schmutzige Pizzakartons, Sushiverpackungen und Kaffeebecher auf Straßen und Plätzen sind ein Ärgernis für die Menschen in unseren Städten und verursachen steigende Kehr- und Entsorgungskosten für die Kommunen.“ Die Verursacher des Mülls durch eine Verpackungssteuer zur Verantwortung zu ziehen, könnte Teil eines Abfallvermeidungskonzepts für Kommunen sein.

Ob Städte eine solche Abgabe einführen wollen, sollten sie selbst abwägen dürfen. „Eine solche Abwägung von vornherein unmöglich zu machen, schwächt die kommunale Selbstverwaltung“, kritisiert der Städtetag. Das Bundesverfassungsgericht hat erst im Januar die Verpackungssteuer, die im baden-württembergischen Tübingen bereits vor drei Jahren eingeführt wurde, für rechtmäßig erklärt. „Die Städte erwarten, dass das Urteil auch von der Staatsregierung akzeptiert wird“, betonte nun Buckenhofer.

Aiwanger will Betriebe entlasten

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ist hingegen davon überzeugt, dass die Steuer den Betrieben schaden würde: „Unsere Betriebe brauchen keine neuen Belastungen, sie brauchen freie Hand, um das Geschäft in Schwung zu halten.“ Man brauche keine zusätzlichen Steuern, die Bürokratie aufbauen: „So eine Abgabe auf Einwegverpackungen würde beispielsweise die Gastronomiepreise erhöhen und die Betriebe mit neuer Bürokratie überziehen.“ Es sei schlimm genug, dass die ab Januar 2026 geltende Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent durch die angekündigte Steigerung des Mindestlohns wieder aufgefressen werde, so der Politiker. Kommunalminister Herrmann weist außerdem auf „erheblichen bürokratischen Aufwand“ hin, der mit einer Verpackungssteuer verbunden sei.

Die Industrie- und Handelskammern in Bayern betrachten das Problem ähnlich. „Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer ist aus Sicht der bayerischen Wirtschaft ein untaugliches Mittel, die kommunalen Kassen aufzufüllen.“ Eine Verpackungssteuer bringe erhebliche wirtschaftliche und administrative Zusatzlasten und würde, so die IHK, „den gewünschten Umwelteffekt nicht sicherstellen“.

Tübingen und Konstanz sehen Steuer als Erfolg

In der Vorreiterstadt Tübingen ist man allerdings von der Wirkung der Abgabe überzeugt: „Die Verpackungssteuer wirkt, bringt Mehrweglösungen voran und drängt die Müllflut im Stadtbild ganz wesentlich zurück“, sagt Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch die Bodenseestadt Konstanz bilanziert die Einführung der Abgabe als Erfolg. Einige Städte, darunter Berlin, Dortmund, Rostock und Trier, entschieden sich allerdings bereits gegen eine Einführung Verpackungssteuer.

mirjam.loercher@faz-bm.de

Mirjam Lörcher ist seit Januar 2024 Teil des F.A.Z.-Fachverlags, zunächst bei FINANCE, und berichtet inzwischen für die Magazine #stadtvonmorgen und Der Neue Kämmerer.