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Private Dienstleister dürfen keine Knöllchen verteilen

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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat in einer Grundsatzentscheidung die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch „private Dienstleister“ für gesetzeswidrig erklärt. Das teilte die Justizbehörde unter der Woche mit. Die so ermittelten Beweise unterlägen einem absoluten Verwertungsverbot, hieß es in dem Kommuniqué des OLG.

Hintergrund ist, dass die Stadt Frankfurt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters auf Basis einer Stundenvergütung einsetzt. Die von der privaten Firma überlassenen Leiharbeitskräfte werden als Hilfspolizeibeamtin oder -beamte bestellt, die dann Strafzettel an Falschparker verteilen. Ein Betroffener hatte Einspruch gegen ein Verwarngeld in Höhe von 15 Euro eingelegt.

Frankfurt verteilte 2018 gut 700.000 Strafzettel

Das Zurückgreifen auf Hilfspolizisten ist aber nicht nur in der Main-Metropole gängige Praxis, weshalb das Urteil Kommunen bundesweit interessieren dürfte. Das OLG kommt zu dem Schluss, dass die Überwachung des ruhenden Verkehrs sowie das Ahnden von Verstößen eine hoheitliche Aufgabe ist, die nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden darf. Das Vorgehen sei unzulässig, die Bestellung privater Personen zum Hilfspolizeibeamten daher gesetzeswidrig, weil die „Ermächtigungsgrundlage“ fehle. Der Beschluss kann nicht mehr angefochten werden.

Frankfurt am Main ist laut der Beschlussbegründung das erste OLG, welches sich mit der Frage der Zulässigkeit des Einsatzes privater Dienstleister im Bereich der Verkehrsüberwachung des ruhenden Verkehrs befasst. Den Einsatz privater Dienstleister bei der Überwachung des fließenden Verkehrs hatte das OLG bereits im November vergangenen Jahres grundsätzlich für gesetzeswidrig erklärt.

Laut Mitteilung wurden 2018 in Frankfurt am Main 700.000 Parkverstöße geahndet mit einem Sanktionswert von über 10 Millionen Euro. Es müssen aber voraussichtlich nur wenige Fälle wieder aufgerollt werden. Die „FAZ“ etwa zitiert ADAC-Juristen, denen zufolge eine abermalige Verhandlung erst ab einem Bußgeld in Höhe von 250 Euro möglich sei. Sprich: Wer sein Knöllchen schon bezahlt hat, hat schlechte Aussichten auf eine Rückerstattung. Für die Zukunft muss der Rechtsrahmen nun vermutlich angepasst werden, damit Kommunen bei der Verkehrsüberwachung weiter auf die Dienste privater Firmen setzen können, da viele dies aus eigener Kraft nicht stemmen können.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach gegenüber der DPA daher von einer bundesweiten Signawirkung. Die Frage, „unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang private Dritte bei der Überwachung des ruhenden, aber auch des fließenden Verkehrs hinzugezogen werden können“, stelle sich auch in anderen Bundesländern und damit bundesweit in Städten und Gemeinden.

Der Deutsche Städtetag wertet das Urteil weniger dramatisch und bezweifelt, dass sich dieses auf andere Bundesländer auswirkt. Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ gab Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy an, dass Städte außerhalb Hessens auf eigenes Personal und nicht auf private Dienstleister setzten. „Deshalb hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt keine unmittelbare Signalwirkung für Städte in anderen Bundesländern.“

j.eich(*)derneuekaemmerer(.)de

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Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde nach Erscheinen noch um Aussagen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds sowie des Deutschen Städtetags ergänzt.