Das Nutzer­konto für Finanzentscheider im öffentlichen Sektor

Nutzen Sie alle Vorteile von derneuekaemmerer.de – mit nur einem kostenlosen Konto.

„Ein erschreckendes Geflecht“

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Seit Anfang der Woche ist das Ende der Ära des Miesbacher Landrats Jakob Kreidl besiegelt. Nachdem öffentlich bekannt geworden war, dass die Sparkasse Miesbach-Tegernsee Kreidls fast 120.000 Euro schwere Geburtstagsfeier gesponsert hatte, kamen fast täglich neue Meldungen hinzu: eine Bürosanierung, eine Reise nach Tirol sowie die Renovierung einer Pfarrkirche standen in der Kritik. Zuletzt wurde auch noch der Vorwurf laut, bei Kreidls Eigenheim handle es sich um einen Schwarzbau. Das war der CSU-Führung dann endgültig genug. Kreidl musste ankündigen, er stehe nicht mehr zur Wahl. Am Mittwoch beschloss der bayerische Innenausschuss, die Vorfälle in Miesbach durch die Sparkassen- und die Kommunalaufsicht untersuchen zu lassen. Bis Mittwoch kommender Woche sollen die Ergebnisse vorliegen.

Klare Regeln für Sponsoring und Ausschüttungen

Doch auch jenseits von Miesbach könnte die Causa Kreidl nun politisch weitere Kreise ziehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Untersuchungen fordern Oppositionsvertreter, die Sponsoringpraxis der bayerischen Sparkassen im Allgemeinen auf den Prüfstand zu stellen.

 

Für Dr. Paul Wengert (SPD), Berichterstatter im Innenausschuss, ist der Fall Miesbach von den Ausmaßen her zwar ein Einzelfall. Aber: „Während meiner 18 Jahre Erfahrung in der bayerischen Kommunalpolitik habe ich durchaus gelegentlich beobachtet, dass etwa Geburtstage oder Verabschiedungen von Sparkassenvorständen in größerem Rahmen begangen worden sind“, so Wengert gegenüber DNK. Ganz isoliert könne man Miesbach daher nicht bewerten. „Es offenbart sich dort in erschreckender Weise das über Jahrzehnte entstandene Geflecht der CSU“, so der Landtagsabgeordnete. Der bayerische Sparkassenverband sei daher nun gefordert, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dabei gehe es nicht um neue Regeln, wohl aber um eindeutige Klarstellungen.

 

Jürgen Mistol (Grüne), ebenfalls Berichterstatter im Innenausschuss zum Fall Miesbach, geht noch einen Schritt weiter. Für die Sponsoringaktivitäten solle es künftig klare und verbindliche Regeln geben, sagte Mistol gegenüber DNK. Außerdem sei zu überlegen, durch höhere Gewinnausschüttungen die Verwendung überschüssiger Gelder verstärkt direkt in kommunale Hand zu bringen. „Viele Sparkassen könnten mehr Geld an die Kommunen ausschütten. Dann könnten diese anschließend selber entscheiden, was sie damit machen“, so Mistol. Neben der Höhe der Ausschüttungen sei auch die Intransparenz über deren Zustandekommen ein Problem. Dabei spricht Mistol aus seiner Erfahrung als Grünen-Fraktionsvorsitzender auf der Oppositionsbank im Regensburger Stadtrat. „Wir bekommen nicht mit, nach welchen Kriterien über die Ausschüttungen der Sparkassen entschieden wird.“

Innenminister Herrmann: „Bayernweite Prüfung nicht erforderlich“

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält die Forderungen Mistols für unbegründet. Die Causa Miesbach ist für ihn ein Einzelfall. „Eine bayernweite Prüfung der Aktivitäten der Sparkassen halte ich aufgrund des Einzelfallcharakters aktuell für nicht erforderlich“, so Herrmann auf Nachfrage von DNK. Zudem herrsche über die Gewinnausschüttungen Klarheit. Über Ausschüttungen an den Träger entscheide der Verwaltungsrat nach Maßgabe der Sparkassenordnung. „Was daraufhin bei Städten und Landkreisen ankommt, ist völlig transparent“, so Herrmann. „Weitergehende rechtliche Regelungen halte ich deshalb nicht für erforderlich.“

 

Auch der bayerische Sparkassenverband betrachtet die Vorkommnisse in Miesbach als Einzelfall. „Wir haben keine Anhaltspunkte, dass es vergleichbare Fälle bei anderen Sparkassen gibt“, so eine Sprecherin gegenüber DNK. Zudem seien die Vorschriften zu Gewinnausschüttungen bereits im Einzelnen gesetzlich geregelt. Die Höhe der Ausschüttungen bestimme der Verwaltungsrat der Sparkassen in Abhängigkeit von der jeweiligen Eigenkapitalausstattung. Zwar räumt der Verband ein, dass die Sparkassen derzeit von Gewinnausschüttungen nur in geringem Umfang Gebrauch machten. Dies führt er aber auf die verschärfte Bankenregulierung zurück, die Vorgaben zur Bildung höherer Eigenkapitalreserven mache.

 

t.schmidt(*)derneuekaemmerer(.)de

 

Zum Thema Ausschüttungspraxis der Sparkassen vgl. auch DNK 3/2012.