Als Forderungsmanager Michael Moericke 2017 zum Wetteraukreis kam, stand der hessische Kreis mit einer angespannten Finanzsituation gerade unter dem Schutzschirm des Landes. Der damalige Landrat, Joachim Arnold, wollte ungenutzte Potentiale heben, bevor er schmerzhafte Konsolidierungsmaßnahmen treffen musste. Moericke wurde eingestellt, um das Forderungsmanagement zu optimieren und das Geld einzutreiben, das dem Kreis ohnehin zustand.
Darin hatte er umfangreiche Erfahrungen, denn er war mehr als 30 Jahre auf Seiten der Privatwirtschaft in der Führung und Beratung im Kredit-, Debitoren- und Forderungsmanagement tätig gewesen. Neben den Erfahrungen verfügte Moericke über Kontakte – unter anderem zur Schufa. Die Auskunftei war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im öffentlichen Sektor tätig gewesen, erweiterte aber ihr Angebot in Richtung Kommunen. Nachdem die Verantwortlichen auf der Kreisebene und bei der Schufa grünes Licht vom hessischen Datenschutzbeauftragten bekommen hatten, begannen sie in einem stufenweisen Verfahren den Optimierungs- und Digitalisierungsprozess.
Vorbehalte entkräften
Dazu war es wichtig, zunächst einmal die Politik und die Mitarbeiter der Kreisverwaltung von dem Vorhaben zu überzeugen. In diesem Zusammenhang mussten der Kreisbeigeordnete und Kämmerer Matthias Walther und Forderungsmanager Moericke zunächst einige Vorbehalte entkräften. Mit der Schufa versuche der Kreis den Bürgern das Geld wegzunehmen, hieß es von einigen. Dieses Vorurteil habe sich aber nicht lang gehalten. Schließlich gehe es ausschließlich um Geld, das dem Kreis zustehe – und damit auch den Bürgern, so Moericke.
In einem Schritt standardisierte der Kreis gemeinsam mit dem Dienstleister die Mahnprozesse. Solvente Schuldner würden entsprechend schnell zahlen. Bei Stundungsanträgen unterscheidet der Wetteraukreis inzwischen
grundsätzlich zwischen zahlungsunwilligen und zahlungsunfähigen Schuldnern. In einem Ampelsystem erfolgt die Bewertung. Grundlage dafür ist die Bonitätsbewertung der Schufa. Stundungen bietet der Kreis grundsätzlich nur noch bei echter wirtschaftlicher Notlage und ohne offensichtliche Gefährdung der Forderung an. Sind die Aussichten ganz schlecht, hat das Einfluss auf die Priorisierung in der Abarbeitung. Solvente Schuldner müssen direkt zahlen: „Wir sind doch keine Bank“, betont Kämmerer Matthias Walther.
Zudem greift der Wetteraukreis auf die Adressdaten der Schufa zurück. Diese hätten bei den in der Vollstreckung befindlichen Bürgern eine deutlich höhere Validität als die eigenen, weil sie von Strom-, Gas- und Wasserversorgern, von Telekomanbietern und von Versendern kämen. Darüber ließe sich leicht feststellen, wo der Schuldner tatsächlich lebe. Die Anzahl der Amtshilfeersuchen konnte der Kreis mit Hilfe dieser Instrumente um 80 Prozent reduzieren. Die Beitreibungsquote liegt derzeit bei 85 Prozent.
Zufriedene Mitarbeiter
Kreiskämmerer Walther ist sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Die Gebühren für die Nutzung der Schufa-Daten belasten den Haushalt nicht wesentlich. Die Mitarbeiter seien sehr viel zufriedener, weil sie mehr Erfolg bei der Vollstreckung hätten. „In der Vergangenheit haben wir mit Schrot geschossen, jetzt fokussieren wir uns auf erreichbare Ziele“, sagt Moericke. Und das sei wichtig, denn die Rückführungsvereinbarungen, die der Kreis in
wirtschaftlich stabilen Zeiten mit den Schuldnern getroffen habe, kippten derzeit vermehrt um. Auch seit Jahren laufende Ratenvereinbarungen würden heute nicht mehr in jedem Fall eingehalten. Die steigenden Lebenshaltungskosten würden die Schuldner bereits spürbar unter Druck setzen. Ein verbessertes und digitalisiertes Forderungsmanagement gewinne in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an Bedeutung, bestätigt Matthias Walther.