Ärmere Kommunen geben die Souveränität über ihre Daten häufig ab, ist das Ergebnis einer Studie. Es gibt aber durchaus Lösungsansätze für dieses Problem.

Die von Kommunen gesammelten Daten haben einen enormen Wert. Gilt das aber für alle Gemeinden? Nicht unbedingt. Das auf den öffentlichen Sektor spezialisierte Beratungshaus PD kommt im Zuge einer aktuellen Studie zu der Erkenntnis, dass gerade klamme Kommunen eine schwache Verhandlungsposition bei der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Daten haben. Den Autoren zufolge seien Kommunen mit einem höherer Schuldenstand demnach tendenziell eher bereit, Datenrechte an private Unternehmen abzutreten. 

Spalten Daten die kommunale Familie?

PD schreibt deshalb von einer potentiellen Spaltung der kommunalen Gemeinschaft. Während finanziell solide ausgestattete Kommunen Smart-City-Leistungen über den Haushalt finanzieren können, müssen finanzschwache Städte und Gemeinden mit den Daten ihrer Bürger zahlen.

Langfristig schränkt dies die Fähigkeit der Kommunen ein, die Daten zu Geld zu machen. 40 von 97 Befragten, die bereits private Anbieter beauftragt haben, gaben beispielsweise an, keinen Zugriff auf Rohdaten zu haben. Etwas weniger als ein Drittel darf Daten nicht für einen Verkauf nutzen. 

Bei Kommunen mit guter Finanzausstattung zeigt sich ein anderes Bild: „Wir sind in der glücklichen Position, intern über ausreichende Kapazitäten zu verfügen, um bei nicht erfolgreichen Datensouveränitätsverhandlungen bestimmte Lösungen auch intern entwickeln zu können“, sagt etwa Maximilian Störzer, Leiter der Strategie- und Konzernsteuerung der Stadtwerke München. Sven Hense, Leiter der Geschäftsstelle „Chief Digital Officer“ der Stadt Bonn, bringt es auf den Punkt: „Umso mehr Budget, desto mehr Daten.“

„Umso mehr Budget, desto mehr Daten.“

Sven Hense, Stadt Bonn

Die Berater von PD plädieren daher dafür, dass nicht jeder Fachbereich und jedes kommunale Unternehmen ein eigenes Verständnis bezüglich der „vertraglichen Anforderungen an die Datensouveränität entwickeln“ sollten. Vielmehr sei es ratsam, dass Kommunen gemeinsam eine übergeordnete Datenstrategie entwickelten. Darauf basierend könnten Muster-Formulierungen entstehen, die für alle Kommunen und ihre Töchter verbindlich sind. So hätten Verwaltungen eine Blaupause, auf der sie ihre Datensouveränität aufbauen könnten. Das könnte letztlich auch das Selbstbewusstsein ärmerer Kommunen in Verhandlungen mit der Privatwirtschaft stärken. 

Kommunen wollen Rohdaten selbst lagern

Laut Studienautoren ist es ohnehin unabdinglich, dass Kommunen das angestrebte Verhältnis zur Privatwirtschaft definieren – egal, wie die novellierte PSI-Richtlinie („Public Sector Information“) letztlich umgesetzt wird, die momentan noch für erhebliche rechtliche Unsicherheiten sorgt. Ein Großteil der Gemeinden ist sich des Werts ihrer Datentöpfe offenbar bewusst: 54 von 105 Kommunen wollen der PD-Studie zufolge die Rohdaten erhalten und selbst lagern. Sie wünschen sich volle Zugriffs-, Auswertungs- und Veröffentlichungsrechte – freilich im datenschutzrechtlichen Rahmen. Nur sieben Umfrageteilnehmer finden es hingegen erstrebenswert, wenn die Daten beim privaten Dienstleister liegen.

Die Studienautoren raten dazu, in Bezug auf das Selbstverständnis der Datensouveränität Data-Governance-Leitlinien oder Datenstrategien zu formulieren. Derzeit würden die Daten vielerorts noch siloartig gespeichert, so dass Verwaltungen diese nicht sonderlich wertschöpfend nutzen können. Als Inspiration könnten Kommunen auch internationale Vorreiterstädte wie Barcelona, London oder Wien dienen, die bereits eine Datenstrategie implementiert haben.

j.eich(*)derneuekaemmerer(.)de

Info

Aufbau der Studie

Für die Studie „Datensouveränität in der Smart City“ haben die Berater von PD 17 Interviews deutschlandweit mit Städten, kommunalen Unternehmen sowie Vertretern der Privatwirtschaft geführt. Der Studie liegen außerdem 236 Antwort-Sets deutscher Kommunen zugrunde, die sich an einer Online-Umfrage beteiligt haben. Die rechtlichen Grundlagen – insbesondere die Auswirkungen der novellierten PSI-Richtlinie – wurden durch ein Gutachten des Lorenz-von-Stein-Institutes erarbeitet. Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Verband kommunaler Unternehmen und die Stadt Bonn haben die Studie als Partner unterstützt.

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