In Diez streitet die Politik um Greensill. Die CDU will den Rücktritt von Bürgermeister Schnatz, hat aber wohl keine Mehrheit für eine Abwahl.

Der Fall Greensill beschäftigt weiterhin in vielen betroffenen Kommunen den lokalpolitischen Diskurs. In der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde Diez forderte die lokale CDU-Opposition im Gemeinderat zuletzt in einer Pressemeldung vom 18. November wörtlich die Rücktritte von Bürgermeister Michael Schnatz (SPD) und der Beigeordneten Claudia Schäfer (parteilos). Auf Nachfrage von DNK teilte der Bürgermeister über einen Sprecher in der vergangenen Woche allerdings mit, dass bislang weder er noch die erste hauptamtliche Beigeordnete zum Rücktritt aufgefordert worden seien. Auch hinsichtlich eines Abwahlverfahrens gebe es keinen Antrag an die Verwaltung, sondern lediglich diesbezügliche Ankündigungen.

CDU kritisiert fehlende Information über Liquidität

Die Verbandsgemeinde bangt nach der Insolvenz der Bank Greensill um sieben Millionen Euro, die sie dort angelegt hatte. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Lokalparlament ist das Bestreben der CDU, deswegen ein Abwahlverfahren einzuleiten, allerdings wenig aussichtsreich. Grund für die Rücktrittsforderungen seien „nicht die noch abschließend zu prüfenden Verantwortlichkeiten bei den getätigten Fehlinvestitionen“, heißt es in der Pressemeldung der CDU. Vielmehr zielten die Rücktrittsforderungen darauf ab, dass „dem Verbandsgemeinderat das Vorhandensein hoher nicht benötigter Gelder“ verschwiegen worden sei.

Dabei geht es insbesondere um die Höhe der Umlage, die die Stadt Diez und die 22 Ortsgemeinden an die Verbandsgemeinde Diez zahlen. Obwohl offenbar Geld in Millionenhöhe vorhanden gewesen sei, habe die Verbandsgemeindeführung vorgeschlagen, die Umlage nicht abzusenken. „Eine deutliche Reduzierung der Umlage wäre möglich gewesen“, kritisiert die CDU hinsichtlich der bei Greensill angelegten und nun wohl verlorenen Millionensumme. Die Umlagehöhe sei festgesetzt worden, während dem Verbandsgemeinderat die exakte Liquiditätssituation der Kommune nicht bekannt gewesen sei.

Dies habe den Effekt, dass der Stadt Diez und den Ortsgemeinden finanzielle Handlungsspielräume entgangen seien, „da sie mit wesentlich mehr Mitteln bei einer deutlich abgesenkten Umlage im Haushaltsjahr 2021 hätten planen können“, heißt es von der CDU. Das Vertrauen in die Verbandsgemeindespitze sei „auf Dauer zerstört“. Das gelte auch deswegen, weil die Verbandsgemeinde in ihrer Historie nie hätte größere Summen anlegen können – und nun mit einem Mal sieben Millionen Euro auszufallen drohten. Dies entspreche 70 Prozent ihrer Liquidität. Insofern sei die Anlage bei Greensill „verantwortungslos“ getätigt worden.

Bürgermeister Schnatz sieht kein Informationsdefizit

Bürgermeister Schnatz hingegen weist die Anwürfe zurück. Dass Vertrauen zwischen der Verwaltungsspitze und dem Verbandsgemeinderat verloren gegangen sei, könne er nicht nachvollziehen, lässt er über den Pressesprecher mitteilen. Auch sei kein Informationsdefizit zu erkennen: Die Verwaltung stelle „sowohl für die Haushaltsplanung als auch für die Jahresbilanzen sehr umfangreiche Dokumentationen zur Verfügung“. Zudem würden die Zahlen in den jeweiligen Gremien erläutert. Der Rechnungsprüfungsausschuss der Verbandsgemeinde Diez, in dem die CDU den Vorsitzenden stelle, untersuche „seit mehreren Monaten gezielt“ die Greensill-Anlage. Das Prüfergebnis liege noch nicht vor.

Die Verbandsgemeinde Diez hatte im vierten Quartal 2020 insgesamt sieben Millionen Euro als Festgeld in drei Verträgen bei der Greensill Bank angelegt. Die Laufzeiten betrugen zwischen drei und acht Monate. Der Zinssatz lag zwischen 0 und 0,08 Prozent. Zu dieser Zeit hätten andere Geldinstitute Verwahrgelder beziehungsweise sogenannte Strafzinsen verlangt, erklärt Schnatz. Das Geld habe aus der guten Einnahmesituation in der Verbandsgemeinde Diez gestammt und sei zu einem großen Teil für geplante, aber noch nicht getätigte Investitionen vorgesehen gewesen. Der rheinland-pfälzische Landesrechnungshof beschäftigte sich zuletzt in einer Sonderprüfung mit der Greensill-Anlage der Verbandsgemeinde Diez.

Insgesamt sind bundesweit rund 50 Kommunen von der Greensill-Insolvenz betroffen. Die Verbandsgemeinde Diez ist einer Interessengemeinschaft von mehreren betroffenen Kommunen beigetreten, die auf Initiative der Stadt Monheim zustande kam. Der Zusammenschluss möchte das gemeinsame Vorgehen im Fall Greensill koordinieren. Weiterhin will Schnatz seine „gesamte Energie für Themen und Lösungen aufwenden und jederzeit darauf hinwirken, die Verbandsgemeinde Diez zukunftssicher weiterzuentwickeln“.

a.erb@derneuekaemmerer.de

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