In der mit Spannung erwarteten mündlichen Verhandlung zur Grundsteuer hat das Bundesverfassungsgericht erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Erhebung der Steuer durchblicken lassen. Der Erste Senat beschäftigte sich am Dienstag mit insgesamt drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs sowie zwei Verfassungsbeschwerden von Privatpersonen. Bedenken äußerten die Beschwerdeführer besonders in Bezug auf die Einheitsbewertung bei der Bemessung der Grundsteuer, die in den westdeutschen Bundesländern auf Grundstückswerten aus dem Jahr 1964 beruht. In Ostdeutschland datiert die Berechnung gar auf das Jahr 1935, was allerdings im aktuellen Verfahren keine Rolle spielt. Eigentlich – so war es ursprünglich geplant – hätte der Gesetzgeber diese Werte alle sechs Jahre aktualisieren sollen. Das ist allerdings nicht passiert. Genau diese Tatsache führe heute zu erheblichen Wertverzerrungen, da sie tatsächliche Wertveränderungen nicht berücksichtige, argumentierten die Beschwerdeführer.
Die Bedenken teilt offenbar auch der Senat. „Wir müssen sehen, ob die ökonomische Realität nach geltendem Recht zutreffend abgebildet ist“, sagte der Vorsitzende Richter des Ersten Senats Ferdinand Kirchhof. „Es lässt sich nicht bestreiten, dass 1964 ein ganz anderes Narrativ galt.“