Es braucht nicht viel, um zu erahnen, welche Qualen der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts gelitten haben muss, als er das Urteil formulierte, mit dem er die bisherige Erhebung der Grundsteuer nun gekippt hat. Am Ende haben sich die Richter dazu durchgerungen, dem Gesetzgeber bis Ende 2024 Zeit zu geben, um eine neue Regelung umzusetzen. Das ist mehr, als viele Beobachter zuvor zu hoffen gewagt hatten. In der mündlichen Verhandlung im Januar noch hatte Vizepräsident Ferdinand Kirchhof seinen inneren dogmatischen Konflikt deutlich nach außen getragen: „Bedenken Sie bitte, was Sie uns damit zumuten, wenn wir die Verfassungswidrigkeit feststellen und dann diesen Zustand für weitere zehn Jahre hinnehmen sollen!“, schleuderte er den Anwesenden als Antwort auf die geforderte Übergangsfrist von zehn Jahren entgegen.
Mit zehn Jahren hatte wohl am Ende niemand ernstlich gerechnet. Aber auch die nun gesteckte Frist zeugt davon, dass das Bundesverfassungsgericht Pragmatismus über Dogmatik hat siegen lassen – zumindest, wenn es um die anstehende Umsetzung geht. Eine gehörige Portion Pragmatismus muss nun aber auch der Gesetzgeber an den Tag legen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat es nicht bei einer Frist belassen, sondern dem Gesetzgeber aufgetragen, die neue Grundlage bis Ende 2019 zu verabschieden. Zeit für lange Grundsatzdebatten wird da nicht bleiben. Und es wird aller Voraussicht nach auch nicht genügend Zeit bleiben, um das im Jahr 2016 entwickelte Ländermodell innerhalb von fünf Jahren umzusetzen, nimmt man die Debattenbeiträge in der mündlichen Verhandlung für voll. Es bedürfte schon eines Wunders, sollte der viel zitierte Flickenteppich an IT-Infrastrukturen sich in kürzester Zeit zu einem Ganzen zusammenfügen lassen. Ganz zu schweigen von der dann folgenden Neubewertung von 35 Millionen Grundstücken.