Es ist ein Hilfeschrei der Landeshauptstädte, stellvertretend für die kommunale Familie: „Für eine Neujustierung der Grundsätze der kommunalen Finanzausstattung“ sprechen sich die Oberbürgermeister der 13 deutschen Landeshauptstädte in einem Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz aus. Das Schreiben vom 28. Oktober geht auch an die Ministerpräsidenten. In ihm weisen die Stadtlenker eindringlich auf „grundlegende Strukturprobleme“ der kommunalen Finanzausstattung hin. Das Finanzdefizit lag 2024 bei knapp 25 Milliarden Euro – einem historischen Spitzenwert für die Bundesrepublik. Die Stadtchefs fordern die Einhaltung des Konnexitätsprinzips.
Kommunalfinanzen: Schere öffnet sich weiter
Als Haupttreiber der kommunalen Finanzkrise machen die Oberbürgermeister „steigende Sozialausgaben und wachsende Personalkosten infolge von Tarifsteigerungen“ aus. Darüber hinaus seien die Kommunen im Bereich des Krankenhauswesens sowie des öffentlichen Personennahverkehrs massiv unterfinanziert. „Die Schere zwischen kommunalen Einnahmen und Ausgaben öffnet sich damit immer weiter“, schreiben die Oberbürgermeister.
„Wer bestellt, muss bezahlen“: Der Bund müsse bei Gesetzen, die sich auf die Kommunen finanziell negativ auswirken, „von vorneherein eine vollständige und angemessene Kompensation vorsehen“. Dabei sei auch das Land bei der Umsetzung von Bundesgesetzen in Landesrecht gefragt. Um Finanzlücken entgegenzuwirken, schlagen die Oberbürgermeister einen höheren kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer vor.
Oberbürgermeister fordern auskömmliche Finanzen
Zudem blicken sie in die Vergangenheit und auf aufgebaute Altschulden: „Übermäßige kommunale Kassenkredite, die ihre Ursache nachweislich in einer nicht auskömmlichen Finanzierung übertragener Aufgaben haben, müssen durch Bund und Länder übernommen werden“, heißt es in dem Schreiben. Unterzeichnet ist es von Frank Nopper (Stuttgart), Ulf Kämpfer (Kiel), Dirk Hilbert (Dresden), Stephan Keller (Düsseldorf), Andreas Horn (Erfurt), Belit Onay (Hannover), Simone Borris (Magdeburg), Nino Haase (Mainz), Dieter Reiter (München), Noosha Aubel (Potsdam), Uwe Conradt (Saarbrücken), Rico Badenschier (Schwerin) und Gert-Uwe Mende (Wiesbaden).
„Seit Jahren erleben wir eine stetige Aufgabenhäufung bei den Kommunen durch Bund und Länder, ohne dass eine entsprechende finanzielle Ausstattung sichergestellt wird“, sagt Münchens Oberbürgermeister Reiter zu dem gemeinsamen Vorstoß. Beispielhaft weist er auf neue Rechtsansprüche im Bereich der Kinderbetreuung, den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen oder das Wohngeld hin. „Die Verantwortung auf die Kommunen abzuwälzen und sie mit den Kosten allein zu lassen, geht gar nicht“, kritisiert Reiter. „Dass die Hauptstädte aller Flächenländer nun gemeinsam an einem Strang ziehen und deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann, ist ein wichtiges Signal.“ Es brauche eine „faire Aufgabenteilung, bei der Verantwortung und Finanzierung im Gleichgewicht stehen“.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Er arbeitet insbesondere an der Weiterentwicklung der Plattform #stadtvonmorgen und berichtet dabei vorwiegend über urbane Transformationsprozesse. Für die Redaktion von „Der Neue Kämmerer“ beleuchtet er diese Themen aus Perspektive der Kommunalfinanzen. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.

