Die prekäre finanzielle Situation ist für Oberbürgermeister das mit Abstand drängendste Problem in ihren Städten. Zu dem Schluss kommt das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) bei Vorabveröffentlichung des OB-Barometers 2025. Mit 70 Prozent der Nennungen wird das Thema Kommunalfinanzen doppelt so häufig als wichtig eingestuft wie alle nachfolgenden Themen. 2024 entfielen 50 Prozent der Nennungen auf das Thema.
„Bis auf die Flüchtlingsthematik 2015 wurde nie seit Beginn der Befragungsreihe einem Thema von den Stadtspitzen eine solch hohe Relevanz und Dringlichkeit beigemessen“, sagt Difu-Institutsleiter Carsten Kühl. Bei der Einstufung der Dringlichkeit ergaben sich keine Unterschiede zwischen Großstädten und Bundesländern. Die angespannte Finanzsituation wird wohl auch in den kommenden fünf Jahren das wichtigste Thema für Kommunen bleiben. Davon sind 68 Prozent der Befragten überzeugt.
Infrastruktur-Sondervermögen ist dringend nötig
Auch der Deutsche Städtetag ist alarmiert. Angesichts der aktuellen Ergebnisse des OB-Barometers warnt er vor der kritischen finanziellen Lage der Kommunen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy bezeichnete die Situation in den Städten als „dramatisch“ und verwies auf den enormen Investitionsstau in den Kommunen.
„Wir müssen in Schulen und Kitas investieren, Straßen und Brücken sanieren, neue Wohnungen bauen und unser Angebot an Bussen und Bahnen ausbauen. All das geht aber nicht, solange uns finanziell fast jeder Spielraum fehlt“, erklärte Dedy.
Der Städtetags-Chef forderte zudem eine grundlegende Neuordnung der Finanzverteilung zwischen den staatlichen Ebenen: „Die Kommunen tragen etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben, haben aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das passt schon lange nicht mehr zusammen.“
Neben der Finanzierungsfrage kritisierte Dedy auch bürokratische Hürden: „Wir brauchen einfachere Genehmigungsverfahren und Auftragsvergaben. Der Bürokratie-Aufwand für die städtischen Verwaltungen ist viel zu hoch. Wir müssen Investitionen schneller auf die Straße bringen können.“
Kaum noch Städte mit ausgeglichenem Haushalt
Das Problem erscheint besonders dringlich, da kaum noch Städte in diesem Jahr einen echten ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Das zeigte erst im vergangenen Monat eine Blitzumfrage des Deutschen Städtetages, an der 100 Großstädte teilnahmen. „Die Zeit ausgeglichener kommunaler Haushalte gehört erst einmal der Vergangenheit an“, erklärte Städtetagspräsident Markus Lewe. Hauptgründe dafür seien steigende Sozialausgaben und unfinanzierte Aufgaben durch Bund und Länder.
Info
Das OB-Barometer des Difu basiert auf einer jährlichen repräsentativen Befragung unter Stadt- und Oberbürgermeistern deutscher Städte ab 50.000 Einwohnern. Ende April sollen die vollständigen Ergebnisse der Umfrage veröffentlicht werden.
Mirjam Lörcher ist seit Januar 2024 Teil des F.A.Z.-Fachverlags, zunächst bei FINANCE, und berichtet inzwischen für die Magazine #stadtvonmorgen und Der Neue Kämmerer.

