Das Nutzer­konto für Finanzentscheider im öffentlichen Sektor

Nutzen Sie alle Vorteile von derneuekaemmerer.de – mit nur einem kostenlosen Konto.

Kostenlos registrieren

Beim Vorgänger anklopfen

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Als kleinere Kommune haben wir erhebliche Schwierigkeiten, qualifizierte externe Bewerber zu finden“, sagt Heinz Schnettger, Dezernatsleiter Finanzen, Hochbau und Schulen sowie Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters der Stadt Oer-Erkenschwick. Trotz des Fachkräftemangels konnte die Stadtverwaltung in diesem Sommer einen Nachfolger für den bisherigen Kämmerer präsentieren.

Bis Ende Juni war Schnettger selbst neben dem Amt des Dezernatsleiters und Allgemeinen Vertreters des Bürgermeisters in Personalunion auch Kämmerer der nordrhein-westfälischen Stadt mit rund 31.000 Einwohnern. Zum Juli hat er nun die Leitung der Finanzverwaltung an den neuen Kämmerer Marcel Damnitz übergeben. Bis Dezember 2026 wird Schnettger jedoch weiterhin im Amt als Dezernatsleiter und Vertreter des Bürgermeisters bleiben – über die Altersgrenze hinaus, um den Know-how-Transfer im Finanzbereich zu begleiten. Zusätzlich ist Schnettger in seiner Funktion als Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters Wahlleiter der Kommunalwahl 2025. Ohne eine Verlängerung seiner Amtszeit wäre auch das nicht möglich gewesen. „So haben wir uns schließlich auf Dezember 2026 als mein Austrittsdatum geeinigt“, erklärt Schnettger.

Dankbar für die Lösung

Der neue Kämmerer Damnitz ist in der Oer-Erkenschwicker Verwaltung bestens bekannt, schließlich hat er seine gesamte berufliche Laufbahn dort verbracht. Der heute 41-Jährige absolvierte bereits von 2003 bis 2006 seine duale Ausbildung zum Diplom-Verwaltungsbetriebswirt in der Stadt. Seitdem ist Damnitz durchgängig im Finanzbereich in Oer-Erkenschwick aktiv. Ab 2017 leitete der neue Kämmerer die Abteilung Haushalt, Controlling, Steuern und Liegenschaften, von 2021 an die Kämmerei.

„Ich bin dankbar für diese Lösung“, sagt Damnitz. Schließlich könne er so noch eine ganze Zeit lang einfach ins Nachbarbüro gehen und seinen Vorgänger direkt um Rat fragen. Er lebe in der Stadt und arbeite zudem seit 20 Jahren in Oer-Erkenschwick. Aktiv nach einer anderen Stelle habe er sich nicht umgeschaut. „Als Kämmerer vor allem in einer kleineren Stadt sollte man eine langjährige Bindung mit der Stadt und Empathie für die Stadt haben, in der man arbeitet“, findet auch Schnettger. Die nahtlose Amtsübergabe unterstreicht laut Schnettger und Damnitz auch ihre Teamarbeit. „Allein kann man heute nichts mehr erreichen“, sagt Schnettger.

„Als Kämmerer vor allem in einer kleineren Stadt sollte man eine langjährige Bindung mit der Stadt und Empathie für die Stadt haben, in der man arbeitet.“ (Heinz Schnettger)

In den vergangenen Jahren habe die Verwaltung vermehrt beobachtet, dass sich häufiger Bewerber mit wenig Führungserfahrung für Stellen in der Kämmerei oder auch den anderen Dezernaten beworben hätten. „Viele nutzen die Position dann als Sprungbrett, um sich bei nächster Gelegenheit in eine größere Kommune oder in die Wirtschaft zu verabschieden“, bedauert Schnettger. Zudem sei es schwierig, überhaupt qualifiziertes Personal für den höheren Dienst zu finden, wenn die Wirtschaft wie in den vergangenen Jahren boome.

Vor dem Hintergrund von drei in Bälde frei werdenden Dezernatsstellen sei schließlich die Idee aufgekommen, diese möglichst mit internen Nachwuchsführungskräften zu besetzen. Als Stellvertreter von Schnettger sei Damnitz damit „gesetzt“ gewesen, sagt der vormalige Kämmerer. Auch Personalrat und Gleichstellungsbeauftragter sowie der Rat der Stadt Oer-Erkenschwick seien schnell von der Idee überzeugt gewesen. Vor allem, dass der Prozess reibungslos und „freundschaftlich“ gelaufen ist, freut Schnettger. „Als Kämmerer ist man ja nicht immer allseits so beliebt im Rat“, sagt er.

Hervorragender Nachfolger

Mit dieser Idee, sich auf eigene Nachwuchsführungskräfte zu konzentrieren, steht Oer-Erkenschwick nicht allein da. Ähnlich vorgegangen ist die Gemeinde Kürten im Rheinisch-Bergischen Kreis mit rund 20.000 Einwohnern. Seit Jahresbeginn 2023 ist hier Eigengewächs Sven Schmidt neuer Kämmerer. Sein Vorgänger Willi Hembach ist weiterhin Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters und leitet nach wie vor den Geschäftsbereich Allgemeine Verwaltung mit den Bereichen Personal, Organisation, EDV und Finanzen. „Der Grund, warum ich nach 16 Jahren diesen Teil meines Jobs an Herrn Schmidt abgegeben habe, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Herr Schmidt ein hervorragender Kämmerernachfolger ist und ich als 61-Jähriger in absehbarer Zeit das Pensionsalter erreiche und wir gemeinsam somit dem jüngeren Kollegen den nächsten Schritt in seiner Karriere ermöglichen konnten“, schrieb Hembach zu dem Zeitpunkt dieser Redaktion.

In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies laut Hembach ein „wichtiger und richtiger Grund“, jüngeren Kolleginnen und Kollegen gute Karriereperspektiven zu bieten und gleichzeitig ein Stück Verantwortung zu übertragen. Mit der Übertragung des Kämmererpostens an Schmidt kann sich Hembach auch um die Sanierung des städtischen Schulzentrums kümmern. Dieses Großprojekt mit einem Investitionsumfang von rund 80 Millionen Euro begleitet nun der frühere Kämmerer.

Auch wenn die beiden in Oer-Erkenschwick und Kürten erfolgten nahtlosen Kämmererwechsel zwingend logisch erscheinen, sind sie offenbar alles andere als selbstverständlich. „Solche Beispiele sind schon echte Leuchttürme“, sagt Anke Franz, Principal bei der Personalberatung Hanseatisches Personalkontor. Sie verrieten auch viel über die charakterliche Größe der vorherigen Amtsinhaber.

ak.meves@derneuekaemmerer.de

Info

Dieser Artikel ist zuerst in der aktuellen DNK-Printausgabe erschienen. Hier geht es zum Zeitungsabo und hier zur Newsletter-Anmeldung.
Anne-Kathrin Meves

Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.