Die ganze Welt spricht von Digitalisierung, für viele Kommunen aber bleibt die Umsetzung weiter ein theoretisches Gedankenspiel. Das zeigt das „Kommunal-Barometer 2019“ von Commnex und der TU Darmstadt, an dem sich 174 Kommunen, kommunale Unternehmen und Finanzinstitute beteiligt haben. Die Ergebnisse lagen DNK vor Veröffentlichung vor.
In Sachen Digitalisierung sehen sich die Kommunen 2019 sogar im Schnitt noch schlechter aufgestellt als im Vorjahr: In Schulnoten bewerten die Finanzentscheider den Fortschritt in der eigenen Verwaltung heute mit 3,66 – 2018 lag der Mittelwert bei 3,46. Ein Viertel würde der eigenen Kommune sogar einen blauen Brief schicken: 22 Prozent beurteilen die Situation als „mangelhaft“, 3 Prozent sogar als „ungenügend“.
Und das, obwohl die Kämmerer sich selbst zunehmend als Treiber der Digitalisierung sehen. So ordnen 54 Prozent heute ihre eigene Rolle ein, 2018 hatten sich noch 52 Prozent eher als Mitläufer verstanden – bislang haben die Bemühungen der Finanzverantwortlichen aber offenbar noch nicht flächendeckend gefruchtet.
Finanzierungsplattformen wenig genutzt
Zumindest bei Kreditausschreibungen setzen aber auch die Kämmerer bevorzugt auf die angestammten Wege: Einzel-Mails oder Mail-Verteiler nutzen 90 Prozent (2018: 87 Prozent), Telefon und Fax weiterhin gut ein Drittel, gerade einmal 20 Prozent haben auch schon auf digitalen Plattformen ausgeschrieben. Wohlgemerkt: Ob eine Finanzierung dann tatsächlich über die Plattform zustande gekommen ist, ist damit nicht gesagt. Dabei haben die Kämmerer digitale Marktplätze mittlerweile durchaus auf dem Schirm: 84 Prozent kennen diese Option in der Theorie, 2018 bestätigten dies mit 77 Prozent noch etwas weniger Teilnehmer.
Den Plattformen geht es damit derzeit ähnlich wie grünen Finanzierungen: Sie sind im öffentlichen Bewusstsein angekommen, spielen aber für die Mehrheit praktisch (noch) keine Rolle. Lediglich 1 Prozent der Kommunen hat schon Finanzierungen daraufhin prüfen lassen, ob sie als grün bzw. nachhaltig zertifiziert werden können. Demgegenüber kennen 45 Prozent zwar die Möglichkeiten, halten sie aber für ihre eigene Kommune für nicht relevant – und 38 Prozent geben an, dass das Themenfeld sie schlichtweg nicht interessiert.
Interkommunale Kredite: Interessant, aber komplex
Ein interessantes Bild zeichnen schließlich auch die Antworten auf die Frage, ob die Kommunen gerne Liquidität bei anderen Kommunen anlegen würden. Das bejahen derzeit 46 Prozent – allerdings unter der Prämisse, dass sich das Darlehen juristisch einwandfrei gestalten lässt. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kommune einer anderen einen Kredit gewähren kann, ist rechtlich allerdings nicht einfach zu beantworten.
Nachdem die Stadt Neuss im vergangenen Jahr – letztlich ergebnislos – einen Versuch gestartet hatte, der Nachbarin Grevenbroich überschüssige Liquidität in Form eines interkommunalen Darlehens weiterzureichen, hatte Ingo Erting von der BaFin gegenüber DNK Fälle skizziert, in denen Darlehen zwischen Kommunen aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes ausgeklammert sind. Weitere Vorstöße aus der Praxis sind seitdem nicht bekannt geworden.