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Gutachten: Mecklenburg-Vorpommern prellt Kommunen um dreistelligen Millionenbetrag

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Das Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat sich offenbar über Jahre hinweg arm gerechnet und den Kommunen so Finanzhilfen in Millionenhöhe vorenthalten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Leipziger Finanzwissenschaftlers Thomas Lenk, über das der NDR berichtet. In Auftrag gegeben wurde es von Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU).

 

Der Gutachter stellt fest, dass der Verteilungsschlüssel, nach dem Gelder des Landes an die Kommunen verteilt werden, mängelbehaftet ist. Maßstab für die Berechnung der Landeshilfen ist die Finanzlage in den sogenannten „geraden Jahren“, also etwa 2010 oder 2012. Steht das Land in diesen Jahren finanziell gut da, fließen entsprechend hohe Beiträge an die Kommunen. Ist die finanzielle Situation des Landes weniger rosig, gibt es auch weniger Geld.

Land Mecklenburg-Vorpommern: Kommunen hatten keine Nachteile

Das Gutachten legt die Vermutung nahe, dass das Finanzministerium sich diese Form der Berechnung gezielt zunutze gemacht und etwa Ausgaben vorgezogen hat, um die zur Verfügung stehende Finanzmasse in „geraden Jahren“ zu verringern. Die Kommunen wurden so seit dem Jahr 2006 um zusätzliche Finanzhilfen von bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr gebracht, rechnen die Gutachter vor.  

 

Ein Sprecher von Finanzminister Mathias Brodkorb (SPD) räumte gegenüber dem NDR ein, dass die bisherige Berechnung „einseitig“ sei. Das sei bislang allerdings weder den Kommunen noch dem Land aufgefallen. Er kündigte an, dass das Ministerium die Berechnungen überarbeiten werde. Zugleich betonte er, dass den Kommunen durch die unzulängliche Berechnung kein Schaden entstanden sei. Schließlich hätten sie seit dem Jahr 2012 von Sonderhilfen in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro profitiert.

 

Die Ergebnisse des Gutachtens, das in der kommenden Woche erstmals öffentlich präsentiert werden soll, dürften auch in den laufenden Gesprächen zwischen der Landesregierung und den Kommunen über die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs (FAG) eine wichtige Rolle spielen. Das FAG soll bereits im Januar 2018 in Kraft treten.

Mecklenburg-Vorpommern: Kommunen fühlen sich betrogen

Bereits jetzt nehmen etliche Stadtoberhäupter das Gutachten zum Anlass, eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen durch das Land zu fordern. Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) etwa äußerte im NDR die Überzeugung, dass das Land den Kommunen vorsätzlich geschadet habe. An einen Zufall könne er aufgrund der vielen Auffälligkeiten nicht glauben.

 

Empört zeigte sich auch die Linksfraktion im Schweriner Landtag. Sie fordert eine Regierungserklärung zu den ohnehin belasteten Finanzbeziehungen für die nächste Landtagssitzung. Die Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg sagte in der Ostsee-Zeitung: "Wir brauchen endlich klare Aussagen von der Landesregierung, wie es um die kommunalen Finanzbeziehungen bestellt ist. Nahezu täglich erreichen uns neue erschreckende Meldungen – zuletzt über den offenbar jahrelangen systematischen Betrug an der kommunalen Familie."

 

a.mohl(*)derneuekaemmerer(.)de