Diesen Mittwoch hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen beschlossen. Ziel ist es, ein weiteres Auseinanderdriften von strukturstarken und strukturschwachen Kommunen zu verhindern.
Den finanziell größten Block des Gesetzentwurfs bildet ein sogenannter „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ (KInF): Der Bund wird diesen Sonderfonds über eine einmalige Zahlung in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Mit diesem Sondervermögen werden Investitionsprojekte auf kommunaler Ebene gefördert.
Der Sonderfonds weist dabei große Ähnlichkeiten mit dem Konjunkturpaket II aus dem Jahr 2009 auf. So sind nur Projekte aus Bereichen förderungsfähig, in denen der Bund Gesetzgebungsbefugnisse hat. Zu den Förderbereichen gehören Krankenhäuser, Lärmschutz an Straßen, die Breitbandversorgung im ländlichen Raum, Kitas, energetische Sanierungen und Maßnahmen des Klimaschutzes. Wer also beispielsweise Schlaglöcher flicken will müsse – ähnlich wie beim Konjunkturpaket II – dies z.B. als Maßnahme des Klimaschutzes deklarieren, so ein BMF-Sprecher gegenüber DNK.
Anders als beim Konjunkturpaket II, dürfen nur „finanzschwache“ Kommunen die Gelder abrufen. Die Definition dieses Kriteriums und damit des Kreises der antragsberechtigten Kommunen überlässt der Bund den Ländern, mögliche Kriterien sind z.B. Arbeitslose, Bevölkerung, Kassenkredite, unterdurchschnittliche Einnahmen, überdurchschnittliche Ausgaben oder die Sozialstruktur. Aus zahlreichen Ländern hieß es, dass man in Bezug auf diese Frage derzeit in Gesprächen mit den Kommunalverbänden sei. NRW-Innenminister Ralf Jäger sagte am Donnerstag, dass er auf „erprobte Kriterien, vielleicht sogar die Kombination erprobter Kriterien“ zurückgreifen wolle. Er verwies dabei darauf, dass es in NRW „einen ausgeprägten Hang gäbe, dass Verfassungsgericht anzurufen, wenn man mit einer Entscheidung des Gesetzgebers nicht einverstanden ist“. Amtliche Statistiken müssen daher die Grundlage für die Auswahl der Kommunen bilden, von einem „Eigenbau verschiedener Kriterien“ halte er nichts. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) forderte, dass auch der demografische Wandel ein Verteilungskritierium sein solle.
Übernehmen die Länder den Eigenanteil?
Ein weiterer Unterschied zum Konjunkturpaket II ist, dass der Eigenanteil der Länder und Kommunen nur 10 Prozent statt 25 Prozent betragen muss. Dabei betont der Gesetzentwurf, dass die Länder dafür sorgen müssen, dass finanzschwache Gemeinden diesen Eigenanteil erbringen können. Auf Nachfrage bestätigte das BMF gegenüber DNK, dass die Länder dieses Ziel z.B. dadurch erreichen könnten, dass sie den Eigenanteil selbst aufbringen.
Doch nicht nur die Definition des Kriteriums der Finanzschwäche ist umstritten, sondern auch die Verteilung der 3,5 Milliarden Euro auf die verschiedenen Bundesländer (siehe Grafik). So sind NRW-Kommunen hier die klaren Gewinner, denn nach NRW wird fast ein Drittel (bis zu 1,1 Milliarden Euro) der Summe fließen. Grund ist, dass neben der Einwohnerzahl auch die Höhe der Kassenkredite und die Anzahl der Arbeitslosen als Verteilungskriterien herangezogen werden. „Verlierer“ sind vor allem Kommunen in Bayern und Baden-Württemberg: Diese hätten bei einer Verteilung nach Einwohnerzahl deutlich stärker profitiert. Als Verlierer sieht sich außerdem Thüringen: Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) sagte am Mittwoch gegenüber dem MDR, es dürfe keine "Lex NRW" werden und kündigte an, dass Thüringen für einen höheren Anteil kämpfen würde. Möglich wäre dies, wenn Thüringen sich mit anderen benachteiligten Ländern zusammen schlösse und das Gesetz im Bundesrat blockieren würde. Eine Blockade fürchtet auch NRW-Innenminister Ralf Jäger. Er sagte am Donnerstag: „Es lässt sich noch nicht sicher voraussagen, ob die Initiative der Bundesregierung eine Mehrheit im Bundesrat findet.“ Der Verteilungsschlüssel würde von einigen Ländern – „insbesondere im Süden und Osten Deutschlands“ – als zu NRW-freundlich kritisiert. Das Finanzministerium Baden-Württemberg äußerte gegenüber DNK dabei aber Verständnis für den Verteilungsschlüssel, da die dortigen Kommunen „in weiten Teilen gut ausgestattet seien“. Das Finanzministerium Bayern wollte sich nicht äußern.
Der Gesetzentwurf sieht – neben dem Sonderfonds – eine weitere finanzielle Entlastung der Kommunen in zwei Punkten vor: Erstens sollen die Kommunen im Jahr 2007 durch einen um 500 Millionen Euro höheren Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung sowie durch eine um 1 Milliarde Euro höheren Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer entlastet werden. Zweitens sollen Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern in 2015 und 2016 um jeweils 500 Millionen Euro unterstützt werden. Beide Punkte machen die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf von Bundestag und Bundesrat wahrscheinlicher. Der Bundestag debattiert am 22. Mai über den Entwurf, der Beschluss im Bundesrat steht für den 12. Juni auf der Agenda.