Herr Neuhoff, im August hatte das Land Bremen den Haushalt der Stadt Bremerhaven zum ersten Mal nicht genehmigt. Es drohte die Zahlungsunfähigkeit im September. Wie ist die Stadt in diese Lage geraten?
Wir befanden uns zu dem Zeitpunkt noch im Haushaltsaufstellungsverfahren für den Haushalt 2025. Bereits mit der Genehmigung des Haushalts 2024 hat Finanzsenator Björn Fecker eine Erwartungshaltung geäußert, unter welchen Voraussetzungen er sich die Genehmigung eines Haushalts vorstellen kann. Wir haben, wie viele andere Kommunen in Deutschland auch, die Haushaltsansätze für die Sozialausgaben und Hilfen zur Erziehung deutlich überschritten. Das hat sich im Ergebnis 2024 negativ ausgewirkt. Für die Haushaltsaufstellung 2025 haben wir die Haushaltsansätze von 2024 zugrunde gelegt, konnten aber dem Senat keinen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. Einfach gesprochen, der Senat hat unseren Haushaltsentwurf abgelehnt, weil Einnahmen und Ausgaben nicht deckungsgleich sind.
Wie sehen Sie das Vorgehen des Senats?
Da steckt ganz klar ein politischer Wille dahinter. Wir haben im Vorfeld versucht, dem Land Bremen unsere Sicht zu erklären. Es gab auch zwei Gespräche mit dem Finanzsenator und Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Jedes Mal haben sie dabei auch eine gewisse Akzeptanz erkennen lassen. Ich bin der Meinung, dass das Land Bremen das Bremerhavener Defizit zu 100 Prozent ausgleichen müsste. Der Senat ist allerdings nicht darauf eingegangen. Er hat unter anderem kritisiert, dass unsere Forderungen nicht gut abgestimmt gewesen seien, aber er hat auch nicht auf unsere vorherigen Verhandlungsangebote reagiert.
Ende August gab es eine vorläufige Einigung, die Zahlungsunfähigkeit konnte abgewendet werden. Wie sieht sie aus?
Mit der Spitze des Senats haben wir uns auf Arbeitsebene verständigt. Einen ausgeglichenen Haushalt werden wir nicht erreichen können – mit eigenen Mitteln ist das einfach nicht zu schaffen. Wir erhalten jetzt Liquidität über vorgezogene Zahlungen des Landes, die wir normalerweise erst später bekommen hätten. So können wir immerhin den Fehlbetrag für Oktober von 10 Millionen Euro ausgleichen. Außerdem warten wir noch auf ausstehende Zahlungen des Landes in zweistelliger Millionenhöhe. Das akute Liquiditätsproblem können wir so weitgehend steuern, aber der negative Haushalt 2025 bleibt. Da werden jetzt ein Haushaltskonsolidierungskonzept und massive Strukturprozesse auf uns zukommen.
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