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Nachhaltige Städte sind auch smart

Frau Wright, welche Bedeutung haben Smart Cities für Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist Teil der DNA einer Smart City – 70 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen werden allein von Städten verursacht. Vor diesem Hintergrund haben Städte und Stadtwerke keine andere Wahl, als ihre CO2-Emissionen zu reduzieren und nachhaltiger zu werden. So sehen es auch die globalen Nachhaltigkeitsziele, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs), vor. Sie sind wiederum in die „New Urban Agenda“ eingeflossen, woraus sich in Deutschland die Nachhaltigkeitsstrategie und die „Neue Leipzig-Charta“ ableiten. Hier ist die Digitalisierung neben Faktoren wie sozialer Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und ökologischer Nachhaltigkeit als Querschnittsdimension enthalten. Für eine nachhaltige Stadtentwicklung ist die Berücksichtigung aller drei Dimensionen wichtig.

Wie lässt sich das in das Konzept der Smart City integrieren?
Die „Smart City Charta“ dient uns bei der Beratung stets als Leitplanke, um die deutschen und globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Im Endeffekt geht es um die Vernetzung der verschiedensten Themen auf kommunaler Ebene. Um den Austausch innerhalb des Stadtkonzerns zu fördern und Silodenken zu vermeiden, bedarf es in den Städten einer übergreifenden Strategie. Aktivitäten müssen in den unterschiedlichen städtischen Bereichen koordiniert werden, denn nur so können wichtige Ressourcen gespart und gebündelt werden. Darüber hinaus können Synergien im Stadtkonzern genutzt werden – zum Beispiel mit den Stadtwerken, die ein Eigenbetrieb der Stadt sind. Die Stadtwerke sind unter anderem für die digitale Daseinsvorsorge verantwortlich, wie zum Beispiel für den Ausbau von Glasfaser, LoRaWAN-Netzen und 5G. In Zusammenarbeit mit verschiedenen städtischen Akteuren können die Verwaltungen innovative Projekte voranbringen und bessere Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger anbieten.

„Daten können dabei helfen, die Resilienz in Städten zu erhöhen.“

Welche Rolle spielen generell Daten für die Smart City?
Neben unserem Ranking haben wir uns mit genau dieser Frage verstärkt beschäftigt. Das heißt, wir haben untersucht, welche deutschen Städte bereits urbane Daten erheben und welche Art von Daten sie genau nutzen. Dabei spielen die Qualität der Daten und die Verfügbarkeit in Echtzeit eine große Rolle. Die Nutzung urbaner Daten sollte bestimmte Zwecke erfüllen, die zu einem Mehrwert, zum Beispiel zur Effizienzsteigerung oder Ressourceneinsparung, führen. Generell können Daten dabei helfen, die Resilienz in Städten zu erhöhen – beispielsweise im Hinblick auf Frühwarnsysteme. Umgekehrt muss man aber auch darauf achten, dass Datensysteme an sich resilient sind und auch im Notfall weiterhin funktionieren.

Wie wichtig ist die digitale Kompetenz der Stadtverwaltung für die Smart City?
Die digitale Kompetenz der Stadtverwaltung ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Thema. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die OZG-Umsetzung ohnehin bereits verpflichtend ist für die Verwaltungen. Ziel der OZG-Leistungen ist es, den Bürgerinnen und Bürgern einen besseren Verwaltungsservice zu bieten. Für die Entwicklung zur Smart City reicht diese OZG-Umsetzung allein aber noch nicht aus. Es ist zum Beispiel auch sehr wichtig, dass die Abteilungen untereinander gut zusammenarbeiten und ein kontinuierlicher Austausch und Wissenstransfer gewährleistet werden. Um das zu erreichen, brauchen die Stadtverwaltungen das entsprechende Mindset und eine offene Fehlerkultur.

„Stadtverwaltungen brauchen das entsprechende Mindset und eine offene Fehlerkultur.“

Erfassen Sie in Ihrem Ranking auch Hinweise darauf, dass die Stadtgesellschaft offen für solche Prozesse ist?
Wir analysieren im Rahmen unseres Rankings, inwieweit die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel in den Strategieentwicklungsprozess eingebunden werden. Eine hohe Bürgerbeteiligung ist aus meiner Sicht ein ganz entscheidender Faktor, damit Smart City auch wirklich Realität werden kann. Schließlich sind es die Bürgerinnen und Bürger, die neue Projekte und innovative Lösungen auch anwenden müssen. Außerdem hilft es, einen offenen Austausch mit der Stadtbevölkerung im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch zu pflegen. Denn jeder und jede Einzelne von uns kann einen wichtigen Beitrag zu einer lebenswerten Stadt leisten.

g.schilling@derneuekaemmerer.de

Info

Das Interview mit Dr. Lucia Wright ist zuerst in der Rubrik #stadtvonmorgen der aktuellen Ausgabe 2/2023 von Der Neue Kämmerer erschienen.

Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Für „Der Neue Kämmerer“ schreibt er insbesondere über die Themen Haushalt und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „Der Neue Kämmerer“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.