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Ein ehemaliger Soldat als Kämmerer

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Herr Arnold, bis vor ein paar Jahren waren Sie noch als Soldat der Marine bei unterschiedlichen Auslandseinsätzen unterwegs. Seit vergangenem Monat sind Sie Kämmerer in der 1.660-Seelen-Gemeinde Wittighausen. Wie sah ihr Weg dorthin aus?
Da muss ich ein bisschen ausholen. Ich bin zwölf Jahre bei der Bundeswehr gewesen. Ursprünglich war mein Plan, weiter als Berufssoldat zu arbeiten. Als Offizier wird man aber alle zwei bis drei Jahre versetzt, deshalb sehnte ich mich irgendwann nach Ruhe. Ich wollte gerne zurück in meine Heimat. Da ich im Neckar-Odenwald-Kreis aufgewachsen bin, war mein primäres Ziel Baden-Württemberg. Ich bekam dann einen Platz für das Einführungspraktikum beim Landratsamt des Main-Tauber-Kreises in Tauberbischofsheim und konnte anschließend ein duales Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg absolvieren.

Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, von der Bundeswehr in eine Verwaltung zu gehen?
Für Bundeswehrsoldaten gibt es eine Berufsförderung: Jede neunte Stelle des gehobenen Dienstes ist vorbehalten, das heißt primär für Soldaten gedacht. Welche Stellen es gibt, wird über die Vormerkstelle des jeweiligen Bundeslandes bekannt gemacht. Ich hatte mich auch in den angrenzenden Bundesländern Bayern und Hessen beworben. Der Unterschied zu Schulabgängern ist, dass sie sich direkt bei einer Behörde bewerben. Als ehemaliger Soldat bewirbt man sich auch, hat dann aber einen entscheidenden Vorteil: die automatische Zusage, dass man nach dem Studium dort angestellt wird. Ich habe nach meinem Abschluss im März dieses Jahres direkt einen Posten im Veterinäramt des Main-Tauber-Kreises bekommen.

Dort blieben Sie sieben Monate. Wie kamen Sie denn dann ins 16 Kilometer entfernte Wittighausen?
In Wittighausen wohne ich bereits seit Mitte 2017. Vorher hatte ich in Norddeutschland meinen Wohnsitz. Dass ich ausgerechnet hierher gezogen bin, war ein Zufall – ich habe die Wohnung damals übers Internet gefunden (lacht). Jetzt kommen wir zum Knackpunkt meines Lebenslaufs. Während des dualen Studiums musste ich vier Praktika machen, davon eins in einer Kommune mit unter 10.000 Einwohnern. Da ich in Wittighausen wohnte, habe ich mich einfach im Rathaus beworben. Das Praktikum hat mir Spaß gemacht, und ich habe die Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung kennen gelernt. Schon während des Praktikums haben sie mich darauf hingewiesen, dass der damalige Kämmerer ungefähr zu dem Zeitpunkt in Rente gehen wollte, zu dem ich mit dem Studium fertig werden würde.

Wieso sind Sie nicht sofort nach dem Studium Kämmerer in Wittighausen geworden?
Leider war es nicht so einfach. Ich hatte zwar die Zusage vom Landratsamt, dass ich eingestellt werden würde, aber ich wusste nicht in welcher Position. In Wittighausen gefielen mir der Zusammenhalt im Rathaus und die Aufgaben des Kämmerers. Ich bin ein generalistischer Mensch und mache gerne viele unterschiedliche Dinge. Da wir nur fünf Mitarbeiter in der Verwaltung sind, muss jeder alles können. Zum Ende meines Studiums im Wintersemester 2020/2021 habe ich deshalb lange mit mir gerungen. Die Stelle des Kämmerers wurde allerdings erst diesen März ausgeschrieben, als ich schon fertig mit dem Studium war. Deshalb bin ich erstmal ins Landratsamt gegangen und wurde dem Veterinäramt zugeteilt. Nach wenigen Monaten war mir klar, dass die Kämmererstelle besser zu mir passt. Ich habe mich dann in Wittighausen beworben, mit Antrag auf Versetzung. Seit dem 1. Oktober bin ich nun Kämmerer.

Erkennen Sie Parallelen zwischen dem Job als Soldat und dem als Kämmerer?
Ja, aus meiner Zeit bei der Bundeswehr habe ich einiges für meinen jetzigen Beruf mitgenommen. Als Offizier ist man auch in einer Führungsposition. Man muss viele Entscheidungen treffen, zum Beispiel in Bezug auf Projektplanung. Zudem arbeiten beide Berufe mit Vorschriften: In der Kommune kommt das Verwaltungsrecht zum Tragen und als Soldat muss man sich beispielsweise mit der Disziplinarordnung und dem Soldatengesetz auskennen. Auch in Sachen Bürokratie gibt es einige Parallelen. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr ist ein bürokratisches Monster. In der Verwaltung ist es zum Beispiel das Zuwendungswesen: Die Förderanträge sind teilweise sehr kompliziert.

Was sind denn die positiven Aspekte an der Arbeit in der Verwaltung? Woran haben Sie als Kämmerer am meisten Spaß?
Am Kontakt zu den Bürgern. Mir gefällt es, direkt am Puls der eigenen Bevölkerung zu arbeiten. Man kann dort, wo man wohnt, direkt etwas Positives bewirken. Zum Beispiel bekommen wir häufiger Rückfragen junger Paare wegen eines Bauplatzes. Wir helfen dann natürlich mit den Bauanträgen und eben auch dabei, ihren Traum zu verwirklichen. Das ist das Schönste, wenn man den Menschen helfen kann. Der Kämmerer ist ja auch der Herr des Geldes. Unser Kindergarten platzt gerade aus allen Nähten, deshalb haben wir einen Bauwagen angeschafft und wollen eine Naturgruppe bilden. Es ist eine Freude, Schritt für Schritt zu beobachten, wie das Vorhaben gelingt. Hinzu kommen die kleinen alltäglichen Nachbarschaftsgeschichten. Vor kurzem haben wir zum Beispiel eine Laterne abgedunkelt, weil sie jemandem ins Haus strahlte.

Wieso sind Sie denn ursprünglich Soldat geworden?
Ich habe 2005 mein Abitur gemacht. Damals gab es die Wehrpflicht noch und mein Vater war auch bei der Bundeswehr. Am Militär interessierte mich besonders die Seefahrt und ich hatte Lust, etwas von der zu Welt sehen. Deshalb habe ich mich als Offizieranwärter bei der Marine beworben.

Was war bei der Marine das spannendste Erlebnis für Sie?
Da gab es so vieles (lacht)… In Südafrika habe ich zum Beispiel ein Seefahrerpraktikum gemacht. Ich war auch Teil des Atalanta-Einsatzes am Horn vom Afrika. Dort haben wir Piraterie vor der Küste Somalias verhindert. Es herrschte Bürgerkrieg – das war die anstrengendste aber auch interessanteste Zeit bei der Marine. In Kenia habe ich mal im Hafen angelegt und drei Tage Urlaub genommen, um auf Safari zu gehen. Neben der anstrengenden Arbeit gab es eben auch Erholungsphasen, in denen man das jeweilige Land und die Leute kennen lernen konnte.

a.jarchau@derneuekaemmerer.de

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