Der zunehmende Fachkräftemangel und fehlende finanzielle Mittel belasten fast alle Kommunen. Sie brauchen dringend eine Strategie und gezielte Sofortmaßnahmen, um beiden Herausforderungen zu begegnen.

Engpass 1: Die große „Arbeiterlosigkeit“

Der Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor ist keine düstere Zukunftsprognose, sondern in vielen Behörden längst Realität. Viele Kommunen haben schon jetzt große Lücken im Personalbestand. Dieses fehlende Personal schwächt bereits heute die Handlungsfähigkeit des Staates. Verschiedene Erhebungen quantifizieren den Bedarf an Fachkräften in der deutschen Verwaltung auf über eine Million bis 2030 (siehe Abb. 1).

Was ist zu tun? Sicher müssen die öffentlichen Arbeitgeber attraktiver werden und ein besseres Personalmarketing betreiben. Es hilft jedoch der Gesellschaft insgesamt nicht, wenn Kommunen untereinander oder mit privaten Arbeitgebern um immer weniger Beschäftigte konkurrieren. Daher müssen sie im Ergebnis die gleichen Aufgaben mit weniger Personal erfüllen, um der Herausforderung der – von Stepstone-CEO Sebastian Dettmers als solcher bezeichneten – „Arbeiterlosigkeit“ nachhaltig zu begegnen.

Abbildung 1: Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor

Abbildung 1: Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor

Quelle: dbb beamtenbund und tarifunion (2021), Franke, Patrick (2022) und PwC (2022): Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor.

Engpass 2: Finanzielle Spielräume werden wieder enger

Die zweite große Herausforderung neben dem Fachkräftemangel stellen die immer enger werdenden finanziellen Spielräume dar. Die ökonomischen Rahmenbedingungen waren viele Jahre lang ideal: Moderate Inflationsraten, sinkende und zum Teil negative Zinsen sowie steigende Steuereinnahmen sorgten in der Regel für Handlungsspielräume in den Kommunen. Aktuell trüben sich die Aussichten jedoch ein, dabei wären doch gerade jetzt finanzielle Mittel für Investitionen notwendig.

Abbildung 2: Steuerentwicklung und Finanzierungssaldo

Abbildung 2: Steuerentwicklung und Finanzierungssaldo

Quelle: Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (2022) und Steuerschätzung Arbeitskreis Stabilitätsrat (5/2022)

Auch mittelfristig ist wenig Optimismus angebracht: Trotz nominal (vor Kaufkraftverlust) signifikant steigender Steuereinnahmen von circa 6 Prozent jährlich (2020 bis 2025) wird bereits ab 2022 ein Finanzierungsdefizit auf kommunaler Ebene in Milliardenhöhe prognostiziert. Die anhaltende Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg, die Inflation und Zinswende trüben die Aussichten. Gleichzeitig müssen Kommunen jetzt investieren – unter anderem in die Infrastruktur, Digitalisierung und Energiewende.

Angesichts beider Engpässe – Fachkräftemangel und Mittelknappheit – steigt der Handlungsdruck. Kommunen sollten deshalb auf zwei Ebenen handeln: mit Sofortmaßnahmen sowie einer ganzheitlichen Strategie. Die Verwaltungsspitzen sollten ohne Zeitverlust ein Portfolio mit Sofortmaßnahmen auf den Weg bringen, die auf beide Engpässe einzahlen.

Diese müssen schrittweise in eine ganzheitliche Strategie eingebettet werden, um so die Kommune wirkungsorientierter und wirtschaftlicher zu machen. Beide Punkte beeinflussen sich gegenseitig. So ist die Personalplanung – je nach Sichtweise – Voraussetzung, Instrument oder Ergebnis der Strategie.

Ein Portfolio an Sofortmaßnahmen zusammenstellen

Das Portfolio in der Abbildung 3 zeigt mögliche Maßnahmen. Die Nummerierung trifft keine Aussage über die Reihenfolge bzw. die Priorisierung.

Abbildung 3: Portfolio möglicher Maßnahmen

Abbildung 3: Portfolio möglicher Maßnahmen

Quelle: PD

Wie sollte ein Portfolio zusammengestellt werden? Zunächst sollten die Kommunen mit den Maßnahmen (1) und (2) Voraussetzungen schaffen und Prozesse – (3) und (4) – anpassen. Dies ist erfolgsentscheidend unter anderem für die Strategie, auch wenn die originäre Wirkung teilweise klein ist. Daher sollten diese Aspekte Bestandteile eines Portfolios sein. Die Bereiche (5), (6) und (7) sowie die Einzelmaßnahmen (8),(9) und (10) sind exemplarisch.

Zehn beispielhafte Maßnahmen

Die Abbildung 4 fasst Maßnahmen zusammen, die zunächst aus Interviews mit Expertinnen und Experten extrahiert, danach entlang der in der Abbildung 3 dargestellten vier Dimensionen (Durchsetzbarkeit, Umsetzungsgeschwindigkeit, Kategorie, finanzielle Wirkung) bewertet sowie final im Austausch mit den Expertinnen und Experten ausgewählt und justiert wurden. Auf dieser Grundlage wird in Kürze ein Diskussionspapier erscheinen, in dem die Maßnahmen mit den damit verbundenen Problemen, Chancen, Verbesserungspotenzialen, Erfolgsvoraussetzungen und Umsetzungsschritten beschrieben werden.

Abbildung 4: Zusammenfassung der Maßnahmen

Abbildung 4: Zusammenfassung der Maßnahmen

Quelle: PD

Die Zusammenstellung eines konkreten Paketes wird für eine individuelle Kommune durch politische Präferenzen, bereits umgesetzte Maßnahmen, Managementkapazitäten, Laufzeiten der Maßnahmen und die eigenen fachlichen Fähigkeiten bestimmt. So wird zum Beispiel das Heben einer Digitalisierungs-Rendite nur mit dem vorhandenen Wissen von Digitalisierung und Controlling erfolgversprechend sein. Zudem sind Abhängigkeiten relevant.

Rückkehr zum „Old Normal“

Die ökonomische Sondersituation neigt sich dem Ende zu. Insofern sollten Kommunen sich dringend wieder auf das „Old Normal“ – den sparsameren Umgang mit öffentlichen Mitteln – einstellen.

ingo.caspari@pd-g.de

thomas.dumalsky@pd-g.de

Info

Dieser Beitrag skizziert Eckpunkte eines PD-Diskussionspapiers, das voraussichtlich im Januar 2023 erscheinen wird. Der hier veröffentlichte Artikel erscheint parallel in der Printausgabe von Der Neue Kämmerer.

Dr. Ingo Caspari ist Senior Managing Expert, Thomas Dumalsky ist Senior Consultant bei der PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH.

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