Bundestag und Bundesrat haben den Preisbremsen für die Bezieher von Gas, Strom und Fernwärme zugestimmt. Für die Stadtwerke geht es nun um eine schnelle Umsetzung und die Klärung offener Kritikpunkte.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Energieversorgung Deutschlands disruptiv verändert. Ausbleibende Erdgaslieferungen führten zu Preissteigerungen und brachten Zwischenhändler wie Uniper in Existenznöte, da zugesagte Liefermengen zu extrem hohen Preisen am Spotmarkt beschafft werden mussten. Am Terminmarkt mussten hohe Sicherheitsleistungen (Margin Calls) hinterlegt werden.
Die Bundesregierung reagierte zunächst mit der Idee einer Gasumlage, um nicht weitere Steuergelder für die Rettung der Gasimporteure einsetzen zu müssen. Schließlich musste der Bund die angeschlagenen Unternehmen doch durch eine Kapitalbeteiligung retten. Für die von Preissteigerungen betroffenen Haushalte wurden Preisbremsen und Einmalzahlungen konzipiert.
Entlastungen ab Dezember
Am 25. November beschloss das Bundeskabinett die Gesetzesvorlagen zu den Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs der Privathaushalte und kleineren Industrieverbraucher wird der Strompreis auf 40 Cent je kWh gedeckelt, für Gas sind es 12 Cent und für Fernwärme 9,5 Cent. Die Umsetzung ist für den 1. März 2023 geplant, die Entlastungen für Januar und Februar werden dann rückwirkend berücksichtigt. Für größere Industrieverbraucher gelten ähnliche Regelungen.
Zuvor wurde bereits die Übernahme des Dezemberabschlags privater Gaskunden beschlossen. Stadtwerke und andere Energieversorger setzten die Rechnungstellung an die Kunden im Dezember aus und erhielten den Rechnungsbetrag von der staatlichen Förderbank KfW. Ab Januar sollen dann die Preisbremsen die Haushalte und Industriekunden entlasten. Der nicht subventionierte Teil des Vorjahresverbrauchs soll möglichst eingespart werden.
Aus dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der unter anderem die Stadtwerke vertritt, kommen Zustimmung, aber auch einige kritische Anmerkungen. So begrüßt Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing die Einbeziehung der Stadtwerke in den Kreis der entlasteten Verbraucher. Lediglich Verbrauchsstellen, die der Erzeugung und Umwandlung von Energie dienen, seien von der Entlastung durch die Preisbremsen ausgenommen, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Die Streichung der vermiedenen Netznutzungsentgelte wird allerdings heftig kritisiert. Dadurch würden kalkulierte Einnahmen von kommunalen KWK-Anlagen und Wärmenetzen, die ihre Leistung dezentral einspeisten, entfallen.
Gewinnabschöpfung soll Subvention finanzieren
In der Kritik steht auch die geplante Abschöpfung von sogenannten Zufallserlösen. Liebing bezeichnet sie als Irrweg, begrüßt aber die Verschiebung des Starttermins auf den 1. Dezember 2022 und die Befristung bis 30. April 2024. Der VKU befürchtet insbesondere zu niedrig angesetzte Referenzkosten und Sicherheitszuschläge für Anbieter wie Biomasse- und Altholzanlagen, die mit massiven Kostensteigerungen zu kämpfen hätten. Sie sollten daher von der Erlösabschöpfung befreit werden.
Umstritten ist die Abschöpfung fiktiver Erlöse, die vom Spotmarktpreis ausgeht und Anbieter mit langfristigen Verträgen zu niedrigeren Preisen (Power-Purchase-Agreements) unangemessen belasten würde. Das kritisiert ein aktuelles Gutachten der Wirtschaftskanzlei Raue für den Stromanbieter LichtBlick. Die Regelung verstoße gegen EU-Recht, da nach der EU-NotfallVO nur die Abschöpfung realisierter Erlöse zulässig sei. Auch verletze sie die Eigentumsgarantie und sei daher verfassungswidrig. Letztendlich bremse sie den Ausbau der erneuerbaren Energien.
In der Konsequenz könnte die geplante Gewinnabschöpfung zu einer Abkehr von langfristigen Stromlieferverträgen führen, die insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien genutzt werden, um die grüne Herkunft des Stromes im Vertrieb sicherzustellen. Stattdessen dürften der riskante Spotmarkt an Bedeutung gewinnen und die Strompreise steigen, meint LichtBlick.
g.schilling@derneuekaemmerer.de