Wegen steigender Energiepreise und der Drosselung russischen Gases werden Warnungen vor einer Insolvenzwelle unter Stadtwerken laut. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief kürzlich die Alarmstufe des Notfallplans Gas aus, da eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung nicht auszuschließen sei. Hintergrund ist der Konflikt mit Russland im Zuge der Invasion in der Ukraine. Zuletzt drosselte Russland die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord-Stream-1 auf 40 Prozent der ursprünglich zugesagten Liefermenge.
Am 11. Juli wird zudem eine routinemäßige Kontrolle an der Pipeline durchgeführt mit der Folge, dass für zehn Tage kein Gas mehr durch die Pipeline fließen wird. Beobachter fürchten, dass dieser Gaslieferstopp auch nach der angekündigten Wartung anhalten könnte.
VKU: „Lage ist ernst“
Angesichts dieser Situation zeigt sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) besorgt: „Die Lage ist ernst.“ Man müsse sich rechtzeitig auf die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Gaslieferstopps vorbereiten, heißt es in einer Mitteilung des Verbands.
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), schätzt die Lage ähnlich ein: „Bei erheblich reduzierten Gesamtimportmengen nach Deutschland kann die Situation eintreten, dass Gasversorger nicht die langfristig gekauften Gasmengen erhalten, sondern zu den aktuell sehr hohen Großhandelspreisen Ersatz beschaffen müssen.“
Es bestehe in diesem Falle das Risiko, dass Energieversorger diese dann extrem teuren Zukäufe finanziell nicht mehr stemmen und ins Straucheln geraten könnten. Letztlich wäre so die Gewährleistung der Energieversorgung bedroht, warnt Andreae.
Lösungsansätze bei Gaslieferstopp?
Der Deutsche Städtetag sieht die Stadtwerke und somit die Energieversorgung ebenfalls in Gefahr. „Die Daseinsvorsorge gerät unter Druck“, heißt es in einer Mitteilung des kommunalen Spitzenverbands. Der Städtetag bestärkt die Bundesregierung in ihrem Aufruf, Energie zu sparen.
Auch Andreae spricht von einer notwendigen „gemeinsamen Kraftanstrengung“. Und weiter: „Besonders wichtig ist eine enge europäische Abstimmung“, so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Stein- und Braunkohle-Kraftwerke sollen Andreae zufolge in einem begrenzten Zeitraum wieder Strom erzeugen, um mögliche Mindermengen aus Gaskraftwerken auszugleichen.
Reform des Energiesicherungsgesetzes
Aus Sicht der Kommunalwirtschaft müsse der Instrumentenkasten zur Bewältigung der Herausforderungen dringend erweitert werden, forderte der VKU nach Ausrufung der Alarmstufe. Um das Versorgungssystem zu stützen, sei eine Abschirmung der bestehenden Preise schon auf der Importstufe besser als die bloße Preisweitergabe – wie ursprünglich mit dem Energiesicherungsgesetz (EnSiG) geplant.
Noch in dieser Woche wird der Bundestag abschließend über verschiedene energiepolitische Gesetzentwürfe zur Vorbereitung auf eine Gasmangellage beraten. Darunter sind auch Änderungen am EnSiG.
Verband fordert Insolvenzmoratorium
Der VKU begrüßt dabei vor allem die jetzt geplante Umlagelösung anstelle der zuvor vorgesehenen Preisweitergabe. Sollte eine finanzielle Beteiligung der Gasverbraucher notwendig werden, bestünde der Vorteil einer Umlage für alle Gaskunden darin, dass trotzdem über finanzielle Beteiligung dämpfend eingewirkt, die Belastungen für die Bürger abgefedert und zeitlich verteilt werden können.
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing weist in der Mitteilung aber auch darauf hin, dass man sich jetzt auf weitere Verwerfungen im Gasmarkt vorbereiten müsse. „Daher brauchen wir außerdem schnell ein Insolvenzmoratorium und die notwendigen Verabredungen über einen Schutzschirm auch für Stadtwerke.“