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Gigantischer Investitionsstau bei kommunaler Infrastruktur

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Rund 372 Milliarden Euro müssten Kommunen bis zum Jahr 2030 in ihre Infrastruktur stecken, um diese zu erhalten und zu modernisieren. Das hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) in einer Studie ermittelt, die im Auftrag des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und des ADAC entstanden ist. Die Ergebnisse basieren unter anderem auf Informationen aus Datenbanken zur Infrastruktur, Befragungen von Kommunen und Verkehrsunternehmen sowie einer Meta-Analyse bereits vorhandener Studien.

Die Kernbotschaft: Kommunen stehen vor einer doppelten Herausforderung – sie müssen die Transformation zu nachhaltigeren Verkehrssystemen vorantreiben und gleichzeitig dafür sorgen, dass das bestehende Netz funktioniert. Das sei „ohne weitere finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern nicht zu schultern“, heißt es.

Besonders schlechte Noten für Straßen

Mit 283 Milliarden Euro entfällt der Löwenanteil des Investitionsbedarfs demnach auf den Modernisierungsbedarf bei der Straßenverkehrsinfrastruktur. Nach Einschätzung der befragten Kommunen befindet sich ein Drittel der Verkehrsstraßen in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand. Besonders schlechte Noten haben dabei tendenziell kleinere Kommunen und Kommunen aus Ostdeutschland sowie Kommunen mit allgemein schlechter Finanzausstattung vergeben.

Noch schlechter fällt das Ergebnis bei den Straßenbrücken aus: Hier müsste jede zweite Brücke saniert werden – der Zustand habe sich insofern seit einer vergleichbaren Difu-Erhebung aus dem Jahr 2013 nicht wesentlich verbessert, heißt es in der Studie.

ÖPNV-Investitionsstau: Stadtbahnen vorne

Etwas positiver schneidet das ÖPNV-Netz ab – wenngleich auch hier 64 Milliarden Euro bis 2030 investiert werden müssten: Bei fast allen Verkehrsträgern ist ein Drittel bis die Hälfte des Netzes qualitativ ausreichend, rund ein Drittel befindet sich in einem guten oder sogar sehr guten Zustand. Als schlecht oder sogar ungenügend wird nur ein Bruchteil der Netzes eingestuft – hier nehmen die oberirdischen Stadtbahnen mit einem Streckenanteil von 22 Prozent in schlechtem oder ungenügendem Zustand den letzten Platz ein.

Die Studie zeige insgesamt ein „alarmierendes Bild“, heißt es zusammenfassend. „Wir brauchen deshalb einen Verkehrsplan für Deutschland, der nicht in Legislaturperioden und regionalen Zuständigkeiten denkt, sondern den flächendeckenden Verkehr ermöglicht“, fordert Bauindustriehauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. Planungen und Projekte müssten zudem schneller umgesetzt werden können – zum Beispiel mit Partnerschaftsmodellen und einem flexiblen Vergaberecht.

Fördermittel aufstocken

Mit Blick auf den ÖPNV spricht sich VDV-Chef Oliver Wolff für eine Aufstockung der Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aus – hier würde die Zahl der angemeldeten Projekte gerade massiv steigen. „Die jährlichen GVFG-Fördermittel werden daher ab 2025 nicht mehr ausreichen, so dass wir hier eine Erhöhung von 2 auf zunächst 3 Milliarden Euro jährlich für geboten halten“, sagt Wolff.

s.doebeling@derneuekaemmerer.de

 

 

 

 

Dr. Sarah Döbeling

Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.