„Aktuell sind wir mit einer schleichenden Überforderung fast aller Kommunen in Deutschland konfrontiert. Der sogenannte Überforderungsschutz greift offenbar nicht“, sagen Ralph Spiegler, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), und André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes. Ihre Äußerung bezieht sich auf ein aktuelles Gutachten, das der ehemalige Bundesverfassungsrichter und Ministerpräsident a. D., Peter Müller, im Auftrag des DStGB erstellt hat.
Das Rechtgutachten mit dem Titel „Grundgesetzlicher Überforderungsschutz kommunaler Selbstverwaltung“ stellt demnach fest, dass die Kommunen verfassungsrechtlich garantierte Ansprüche auf eine angemessene und finanzielle Mindestausstattung haben und durch Bund und Länder nicht überfordert werden dürfen.
Ausgaben für soziale Leistungen verdoppelt
Das Gegenteil dessen sei jedoch in den vergangenen Jahren geschehen. In den vergangenen 30 Jahren hätten sich die Ausgaben für soziale Leistungen auf zuletzt rund 80 Milliarden Euro pro Jahr mehr als verdoppelt. Zugleich seien Städte und Gemeinden in Deutschland derzeit mit rund 70 Prozent der Aufgaben betraut, erhielten dafür aber nur knapp 15 Prozent der Einnahmen. „Diese Rahmenbedingungen stehen in einem eklatanten Missverhältnis zu einer grundgesetzlich verbrieften auskömmlichen Finanzausstattung“, so Spiegler und Berghegger.
Sie fordern daher die Länder auf, die Gemeinden mit den finanziellen Mitteln so auszustatten, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben auch erfüllen können. Dazu gehörten „in jedem Fall“ die den Gemeinden übertragenden Pflichtaufgaben. Sollten die Länder dieser Forderung nicht nachkommen, müsse ein „direkter Finanzierungsweg vom Bund an die Kommunen geschaffen werden“. Spiegler spricht sich in diesem Zusammenhang für eine Diskussion über alternative Finanzierungsmöglichkeiten aus.
Info
Das Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters und Ministerpräsidenten a. D. Peter Müller, hat der DStGB in Kooperation mit der Freiherr vom Stein-Akademie in Auftrag gegeben. Hier geht es direkt zum Gutachten.
Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.

