Verfassungsgerichtshof NRW lässt Großstädte abblitzen

Die Gemeindefinanzierungsgesetze (GFG) 2022, 2023 und 2024 des Landes Nordrhein-Westfalen benachteiligen Großstädte nicht in verfassungswidriger Weise. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VGH) für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) am Dienstag dieser Woche entschieden und damit die Verfassungsbeschwerden von acht Großstädten abgewiesen.Im Kern ging es um die Differenzierung zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Gemeinden, die das Land NRW erstmals im GFG 2022 getroffen hatte. Sie kommt bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl zum Zuge und wirkt sich so unmittelbar auf die Berechnung der Schlüsselzuweisungen aus. Der Landesgesetzgeber nutzt dabei fiktive Hebesätze für Grundsteuer B und Gewerbesteuer, wobei er seit der Einführung der Differenzierung von höheren Hebesätzen und damit einer höheren Steuerkraft der kreisfreien Städte ausgeht.Keine Verletzung des Rechts auf kommunale SelbstverwaltungDagegen hatten sich die Städte Bonn, Bottrop, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Münster, Solingen und Wuppertal mit einer Kommunalverfassungsbeschwerde gewandt. Sie warfen dem Gesetzgeber einen Verstoß gegen die interkommunale Gleichbehandlung vor, da die Differenzierung ohne finanzwissenschaftliche Prüfung erfolge. Außerdem sei sie nicht mit der Funktionslogik des GFG vereinbar. Die Differenzierung verletze die betroffenen kreisfreien Städte deshalb in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung.Das sieht der VGH allerdings anders. Die Herangehensweise des Gesetzgebers sei sachlich vertretbar, erklärte VGH-Präsidentin Barbara Dauner-Lieb in der mündlichen Urteilsbegründung. Auch der Einwand, dass höhere Hebesätze der kreisfreien Städte aus der Not heraus und nicht aufgrund eines größeren Hebesatzpotentials festgesetzt würden, verfing bei den Richtern nicht. Ob es bessere oder geeignetere Kriterien bei der Differenzierung gebe, könne offen bleiben: „Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob der Normgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gewählt hat“, betont das Gericht.Enttäuschung bei den BeschwerdeführernDie betroffenen Städte zeigten sich nach der Entscheidung enttäuscht. Kölns Stadtkämmerin Dörte Diemert unterstrich auf Linkedin, dass die höheren Steuersätze der kreisfreien Städte „kein Zeichen der Finanzkraft, sondern im Gegenteil der Finanznot“ seien. „Angesichts der massiven Defizite in den Haushalten hätte ich mir eine andere Entscheidung sehr gewünscht. Der Eingriff des Landesgesetzgebers in den Finanzausgleich mag rechtlich noch statthaft sein, gerecht ist er nicht“, stellte Diemert klar.Auch die Stadt Düsseldorf hat das Urteil konsterniert zur Kenntnis genommen. „Das Urteil überrascht, ist aber so eindeutig, dass wir es nur akzeptieren können“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller. Stadtkämmerin Dorothee Schneider betonte wie ihre Kölner Amtskollegin, dass die Methodik ungerecht sei und ergänzte: „Wir appellieren daher eindringlich an die Landespolitik, eine für alle Städte und Gemeinden gerechte finanzielle Ausstattung herzustellen.“StGB NRW: „Die Decke ist für alle zu kurz“Der Städte- und Gemeindebund NRW dagegen begrüßte das Urteil, mahnte aber gleichzeitig, dass es an der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen nichts ändere. In der Entscheidung sei es einzig um die interkommunale Verteilung der Gelder gegangen, erklärte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer. „Das bedeutet, dass jeder Euro, den eine Partei erstreitet, im Haushalt der anderen Kommunen fehlt. Dass um die Verteilungsmechanismen gestritten wird, zeigt vor allem Eines: Die Decke ist für alle zu kurz!“s.doebeling@derneuekaemmerer.de

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