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2b UStG: Letzte To-Dos für Kommunen vor der Umstellung

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Ende vergangenen Jahres hat der Bund den Übergangszeitraum für die Anwendung des geänderten Umsatzsteuerrechts erneut verlängert. Für die meisten juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR), wie etwa Kommunen, dürfte der neue §  2b Umsatzsteuergesetz (UStG) damit erst zum 1. Januar 2025 greifen. Unabhängig davon zeigen die vergangenen sieben Jahre des Übergangszeitraums und die bereits umgesetzten Praxisprojekte zu § 2b UStG, dass es geboten ist, die „gewonnenen“ verbleibenden anderthalb Jahre intensiv zu nutzen.

Systemwechsel durch § 2b UStG

Der mit der Einführung des § 2b UStG verbundene Systemwechsel bringt einen bedeutenden Zuwachs von umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalten mit sich. Dies führt zu erweiterten umsatzsteuerrechtlichen Aufzeichnungs- und Deklarationspflichten sowie zusätzlichen Umsetzungsanforderungen an die laufende Buchhaltung.

JPöR, die mit ihren Umsätzen der Umsatzsteuer unterliegen, sind Unternehmer im Sinne des UStG. Daher sind sie nach § 22 UStG verpflichtet, Aufzeichnungen zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung zu führen. Soweit die geforderten Angaben aus dem Rechnungswesen oder den Aufzeichnungen des Unternehmers für andere Zwecke eindeutig und leicht nachprüfbar hervorgehen, brauchen sie nicht noch gesondert aufgezeichnet zu werden. Somit dürften die meisten jPöR, welche bereits eine Finanzbuchhaltungssoftware für ihre Buchhaltung und damit verbundenen Aufzeichnungspflichten verwenden, diese auch für die zukünftigen Sachverhalte nutzen, die unter den § 2b UStG fallen.

Zudem müssen Kommunen die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vornehmen. Die Anwendung des § 2b UStG wirft jedoch neue Probleme auf, welche die Zuordnung erschweren. Hierdurch dürften in der Finanzbuchhaltungssoftware zukünftig weitere Abgrenzungselemente erforderlich werden, um die neuen Sachverhalte adäquat zuordnen zu können.

Erweiterte Pflichten im Umsatzsteuerrecht

Aufgrund des erweiterten unternehmerischen Bereichs dürften jPöR die für die Besteuerungsart (Ist- oder Sollversteuerung) und die Voranmeldefrist relevanten Wertgrenzen zukünftig vermehrt überschreiten. Entsprechend ergeben sich neue oder geänderte Besteuerungsregimes und damit verbunden neue oder erweiterte Deklarationspflichten.

Bei der laufenden Buchhaltung gibt es künftig aus prozessualer Sicht ebenfalls neue Umsetzungsanforderungen. So dürfte die ordnungsgemäße Rechnung im Sinne der §§ 14 und 14a UStG an Bedeutung gewinnen, um bei potentiell zum Vorsteuerabzug berechtigten Eingangsleistungen die Vorsteuer ziehen zu können und bei umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsleistungen unnötige Korrekturprozesse zu minimieren.

Die Prüfung der ordnungsgemäßen Eingangs- und Ausgangsrechnungen stellt in der Praxis oftmals aber einen erheblichen administrativen Aufwand dar. Da es mittlerweile entsprechende prozessintegrierte Rechnungsprüfungs-Add-ins oder Einzelanwendungen gibt, welche sich in die jeweilige Finanzsoftware oder in ein vorgelagertes Datenmanagementsystem einbinden lassen, können diese je nach Rechnungsumfang eine wesentliche Arbeitsentlastung ermöglichen.

Ebenfalls dürfte künftig das bislang primär die Betriebe gewerblicher Art (BgA) betreffende Thema der mischgenutzten Wirtschaftsgüter und damit auch das Erfordernis für Vorsteuerberichtigungen die jPöR selbst nach § 15a UStG betreffen. Hier stellt zum einen die Abgrenzung der unternehmerischen von den nicht unternehmerischen Anteilen und zum anderen die Dokumentation der Veränderungen einen erheblichen Verwaltungsaufwand dar. Kommunen sollten sich daher frühzeitig Gedanken machen, ob und wie sie dies durch die Finanzsoftware und ergänzende Anwendungen im Rechnungswesen unterstützen können.

Kommunen brauchen neue Konzepte

Die Finanzsoftwareanbieter haben ihre Lösungen angesichts der Änderungen im Umsatzsteuerrecht angepasst und bieten unterschiedliche Möglichkeiten für die Umsetzung. Im Wesentlichen lassen sich aber drei Kern­aspekte für die Ausgestaltung identifizieren:

  • organisatorische Aspekte, wie beispielsweise unterschiedliche Tätigkeitsbereiche, Standorte und Fachabteilungen;
  • steuerrechtliche Aspekte, wie etwa relevante Wertgrenzen: die Kleinunternehmerwertgrenze, gleichartige Tätigkeiten im umsatzsteuerrechtlichen Sinn, die Wertgrenze für die Besteuerungsart oder weiterhin die ertragssteuerliche Wertgrenze für BgA, sowie auch Grundsystematiken, wie etwa die getrennte Verbuchung von Umsatzsteuer und Vorsteuer;
  • technologische Aspekte, wie etwa unterschiedliche Mandanten-, Sachkonten- oder Controllingkonzepte der einzelnen Finanzsoftwareanbieter.

Somit muss jede Kommune individuell eine für die eigene Organisation, die bisherige Rechnungswesenkonzeption und die eingesetzte Finanzsoftware passende Lösung konzipieren und umsetzen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es ohne entsprechende Konzepte kaum möglich ist, aus manuellen Auswertungen und Aufbereitungen in Tabellenkalkulationsberechnungen die relevanten Informationen aus der laufenden Buchhaltung zu gewinnen. Daher müssten die Steuerpflichtigen eigentlich ein volles Wirtschaftsjahr einrichten, um mögliche Handlungen, wie etwa Wertgrenzenüberschreitungen, evidenzbasiert planen zu können. Deshalb bietet die Verlängerung des Übergangszeitraums eine gute Gelegenheit, um diese Erkenntnisse noch vor der endgültigen Anwendung zu gewinnen.

christian.trost@bdo-concunia.de

Info

Christian Trost ist Partner bei der BDO AG und Geschäftsführer der BDO Concunia GmbH. Marc Seiger ist Manager bei der BDO AG.

Dieser Artikel ist zuerst in der aktuellen DNK-Printausgabe erschienen. Hier geht es zum Zeitungsabo und hier zur Newsletter-Anmeldung.

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Hinweis: In einer früheren Fassung hieß es im Vorspann der Redaktion, die Änderung des Umsatzsteuerrechts trete bereits im kommenden Jahr in Kraft. Wir haben diese Stelle korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.
Dr. Sarah Döbeling

Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.