Im Konzernverbund der Stadt Frankfurt am Main erfolgt die Steuerung der städtischen Beteiligungsunternehmen über die Anteilseignerfunktion in der Gesellschafterversammlung. Dies geschieht auf Basis der regulativen Rahmenbedingungen der Hessischen Gemeindeordnung, des städtischen Public Corporate Governance Kodex (PCGK) sowie der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen gemäß GmbH-Gesetz und Aktiengesetz. Dabei obliegen dem Magistrat („Stadtregierung“) als gesetzlichem Vertreter der Stadt im Rahmen der Gesellschafterfunktion die Fragen der laufenden Verwaltung der Beteiligungsunternehmen (§ 66 HGO).
Die Stadtverordnetenversammlung („Stadtparlament“) hingegen entscheidet gemäß Paragraph 51 Ziffer 11 HGO als Ausfluss des „Haushaltsrechts des Parlaments“ über die grundsätzlichen Fragen der Errichtung, der Erweiterung, der Übernahme, der Auflösung und der Veräußerung von Beteiligungsunternehmen. Insofern benötigt die Stadtregierung in ihrer Gesellschafterfunktion bei solchen Rechtsgeschäften die Zustimmung des Stadtparlaments. Aufgrund dieser rechtlichen Rahmenbedingungen obliegt den auf kommunaler Ebene demokratisch legitimierten Aufsichtsräten die gesellschaftsrechtliche Pflicht der Überwachung der Geschäftsführung (Paragraph 52 Absatz 1 GmbHG in Verbindung mit Paragraph 111 Absatz 1 AktG). Sie befinden sich außerdem in einem Spannungsfeld zwischen Interessen der Gesellschaft/Geschäftsführung, der Belegschaft des Unternehmens und der Anteilseigner der Gebietskörperschaft.
Arbeit in Aufsichtsgremien ist heterogen und komplex
Für ihre Tätigkeit in einem öffentlichen Unternehmen benötigen Aufsichtsratsmitglieder neben branchenspezifischem Wissen verlässliche Kenntnisse über die rechtlichen Rahmenbedingungen, um Entscheidungen sicher treffen zu können. Die Arbeit in Aufsichtsratsgremien geht mit einer Reihe von Rechten und Pflichten für die individuellen Aufsichtsratsmitglieder und des Gremiums insgesamt einher. Diese leiten sich bei öffentlichen Unternehmen aus verschiedenen regulativen Rahmenbedingungen (z.B. Gemeindeordnung, PCGK, GmbH-Gesetz, Aktiengesetz) ab.
Angesichts des spezifischen Charakters öffentlicher Unternehmen sind die institutionellen und regulativen Rahmenbedingungen dieser Unternehmen an der Schnittstelle zwischen der privatrechtlichen und der öffentlich rechtlichen Regelungssphäre besonders heterogen bzw. komplex. Da es keine „Musterlösung“ für die Ausgestaltung einer effizienten Aufsichtsratsarbeit vor Ort unter den individuellen Bedingungen und politischen Vorgaben gibt, sollte das Gremium sich selbst über den Ausgangspunkt seiner Gremienarbeit Klarheit verschaffen und durch eine regelmäßige Selbstevaluation über den Stand der verbesserten Gremienarbeit vergewissern. Gemäß dem PCGK der Stadt Frankfurt am Main (Teil A, Ziffer 3.2.5) soll der Aufsichtsrat regelmäßig seine Tätigkeit prüfen. Die Stadt entwickelte daraufhin ein Konzept für eine anonyme Onlinebefragung.
Gremienmitglieder können die Fragen auf verschiedenen Endgeräten (PC, Laptop, Tablet etc.) beantworten, so dass für sie eine maximale zeitliche und örtliche Flexibilität gegeben ist. Des Weiteren erhalten die Aufsichtsratsmitglieder nur solche Fragen, die auch für sie relevant sind (z.B. bei Mitgliedschaft in einem Ausschuss) und sie diese sinnvoll beantworten können. Somit können die Mitglieder des Aufsichtsratsorgans Muster und Handlungsfelder strukturiert identifizieren und ihre Aktivitäten besser priorisieren.
Strategische Stärke des kommunalen Aufsichtsrates
Die besondere Komplexität in den kommunalen Unternehmen – wie auch bei allen anderen Unternehmen der öffentlichen Hand (Bund/Länder) – ergibt sich aus den klassischen Fragestellungen aus Gemeinwohlorientierung versus Wirtschaftlichkeit. Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenlage in Europa, des Klimawandels, der Covid-19-Pandemie und des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine sind für die öffentliche Hand der öffentliche Auftrag des Beteiligungsunternehmens und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen kritisch zu hinterfragen. Aus praktischer Sicht kann die strategische Stärke des kommunalen Aufsichtsrats von Vorteil sein, da die Beteiligungsunternehmen von Kenntnissen und Erfahrungen der Aufsichtsratsmitglieder profitieren, zumal häufig die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen mit den wesentlichen kommunalpolitischen Akteuren besetzt sind.
Neben der Stärke der kommunalen Aufsichtsratsstruktur bleibt das Fachwissen des einzelnen kommunalen Mandatsträgers von entscheidender Bedeutung, um den gesetzlichen Kernauftrag der Überwachung der Geschäftsführung gemäß Paragraph 52 Absatz I GmbHG i. V. m. Paragraph 111 Absatz I AktG erfüllen zu können. Spätestens seit dem berühmten „Hertie-Urteil“ (BGHZ 85, 293, 295 ff.) sind ausreichende Kenntnis und Fähigkeiten, um normale Geschäftsvorgänge beurteilen zu können, als Mindestkenntnisse definiert worden. Dabei haben sich die rechtlichen Anforderungen an die erfolgreiche Aufsichtsratsarbeit in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Schließlich ist auch der Anspruch an die Steuerung und Transparenz der Unternehmensführung stetig gestiegen. Neben der klugen Auswahl von geeigneten Aufsichtsratsmitgliedern haben das Onboarding und die fortlaufende Mandatsbetreuung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.
Gleichzeitig findet in vielen Gemeinden eine Professionalisierung des Beteiligungsmanagements statt. Daher ist das Verständnis der Instrumente eines modernen Beteiligungsmanagements für Aufsichtsräte von essentieller Bedeutung, um den sich hieraus ergebenden Anforderungen gerecht werden zu können.
lars.scheider@stadt-frankfurt.de
Autor
Lars Scheider, Ass. Jur., ist Leiter des Beteiligungsmanagements der Stadtkämmerei der Stadt Frankfurt am Main.Info
„Der kommunale Mandatsträger im Aufsichtsrat“ gibt Einblicke in die Steuerungsprozesse auf kommunaler Ebene. Übersichten, Praxistipps und Beispiele aus der Erfahrung des Autors machen es zu einer Arbeitshilfe für die Aufsichtsratsarbeit in kommunalen Unternehmen.www.lars-scheider.de
Der Gastbeitrag ist zuerst in der Ausgabe 2/2022 von Der Neue Kämmerer erschienen.