Die Insolvenz der Stadtwerke Bad Belzig hat nun wohl auch ein juristisches Nachspiel. Im vergangenen Herbst waren Versäumnisse bei der Beschaffung von Strom und Gas öffentlich gewordenen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft nun den Anfangsverdacht der Untreue gegen den früheren Geschäftsführer der Stadtwerke, wie sie Der Neue Kämmerer bestätigte. Bad Belzigs Bürgermeister Roland Leisegang habe die Anzeige gegen den früheren Geschäftsführer der Stadtwerke Hüseyin Evelek gestellt, berichtete die Berliner Zeitung bereits Ende Dezember.
Hohe Schadenssumme möglich
Evelek soll nicht nur den Ankauf ausreichender Gas- und Strommengen zur Versorgung der Kunden versäumt haben. Statt von sinkenden Preisen zu profitieren gerieten die Stadtwerke in die Spotmarktfalle, die auch einigen kurzfristig einkaufenden Energiediscountern zum Verhängnis wurde. Die Preise stiegen weit über den mit den Kunden vereinbarten Verkaufspreis. Darüber hinaus sollen Leergeschäfte an der Europäischen Energiebörse (EEX) in Leipzig abgeschlossen worden sein, zitiert das Recherchenetzwerk Deutschland die Märkische Allgemeine Zeitung. Der gesamte Schaden soll bis zu 22,5 Millionen Euro betragen. Zur Einordnung: Die Stadtwerke Bad Belzig wiesen Ende 2019 eine Bilanzsumme von 15,5 Millionen Euro aus. Im Haushalt der Stadt waren für 2021 ordentliche Erträge von 27,4 Millionen Euro eingeplant.
Aufsichtsrat bestreitet frühzeitige Kenntnis
Im Zuge der Aufarbeitung der Vorfälle werden nun allerdings auch Vorwürfe gegen den Aufsichtsrat erhoben. Der ehemalige Abteilungsleiter Energiewirtschaft der Stadtwerke Bad Belzig berichtet von frühzeitiger Kenntnis der Spekulationsgeschäfte seit 2019, wird die Märkische Allgemeine zitiert. Der Aufsichtsrat will jedoch erst im November 2021 davon erfahren haben. Leisegang, der auch Mitglied des Aufsichtsrats der Stadtwerke ist, äußerte gegenüber Der Neue Kämmerer: „Die bisher im Raum stehenden Informationen und zum Teil Unterstellungen im Zusammenhang mit der Insolvenz unserer Stadtwerke Bad Belzig GmbH unterliegen teilweise einer sehr subjektiven und einseitigen Betrachtung und Wahrnehmung. Daher empfehle ich uns allen, sich die Zeit zu nehmen und das Ergebnis einer staatsanwaltlichen Prüfung abzuwarten.“
Untersuchung zieht Kreise
Mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft würde wohl die Arbeit des Aufsichtsrats und des Bürgermeisters genauer geprüft. Auch die Wirtschaftsprüfer, die den Stadtwerken bis einschließlich 2020 einen einwandfreien Jahresabschluss attestiert hatten, dürften dann in die Untersuchungen einbezogen werden. In der Bevölkerung Bad Belzigs haben die gestiegenen Energiepreise sowie die auf die Stadt zukommenden finanziellen Lasten Unmut ausgelöst. Bürgermeister Leisegang kündigte eine finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger an.
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