Von den nun aufgelegten Förderprogrammen von Bund, Ländern und EU profitieren vor allem prosperierende Kommunen. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und der Wüstenrot Stiftung. Die kleinen und finanzschwächeren Städte und Gemeinden scheitern demnach nicht nur an den zeit- und personalintensiven Antragsverfahren, sondern vor allem am geforderten finanziellen Eigenanteil.
Die Folgen der Coronakrise sowie die aktuelle Förderpolitik könnten dazu führen, dass sich regionale Unterschiede weiter verstärkten, so die Autoren des zur Studie veröffentlichten Diskussionspapiers „Wer schon viel hat, dem wird noch mehr gegeben? – Warum der Eigenanteil bei Förderprogrammen strukturschwache Kommunen benachteiligt“.
Alternative Ansätze für Förderprogramme
Gerade jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie sei es wichtig, über alternative Ansätze nachzudenken, um Kommunen bedarfsgerecht zu finanzieren, sagt Stefan Krämer, stellvertretender Geschäftsführer der Wüstenrot Stiftung.
„Sonst vergrößern die nun aufgelegten Förderprogramme die bestehenden Unterschiede zwischen den prosperierenden und strukturschwachen Kommunen zusätzlich“, so Krämer. Gemeinsam mit den weiteren Autoren fordert er alternative Ansätze der Beteiligung und der Ermittlung des Bedarfs von Kommunen bei Fördermitteln.
Eigenanteil grundsätzlich in Frage gestellt
In ihrem Diskussionspapier schlagen die Autoren der EU, dem Bund und den Ländern vor, finanzschwachen Kommunen die Möglichkeit zu geben, ihren Eigenanteil auf nicht-finanzielle Art erbringen zu können, etwa in Form von Personal– oder Sachleistungen. Für wichtige Projekte sollten die Fördermittelgeber noch größere Freiräume schaffen und finanzschwache Kommunen von ihrem Eigenanteil vollständig befreien oder zumindest zulassen, dass sie verschiedene Programme miteinander kombinieren können, um die Finanzierung zu stemmen.
„Letztlich kommen wir aber nicht umher, den Eigenanteil in Förderprogrammen grundsätzlich in Frage zu stellen“, sagt Krämer. „Denn der Bedarf in einer Kommune lässt sich auch anders feststellen, etwa wenn ein Kreis aus regionalen Akteuren aus Politik, Verbänden und Unternehmen über die Verteilung der Mittel entscheidet.“
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Regionalbudgets und Investitionspauschalen der Länder seien wichtig, um der kommunalen Ebene wieder zu mehr Selbstverantwortung zu verhelfen. „Kommunen erhalten so die finanziellen Mittel und die Entscheidungsautonomie, um lokal angepasste Ideen und Konzepte voranzutreiben“, sagt Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts.
Handlungsbedarf auf Seiten der Kommunen
Neben strukturellen Änderungen auf der Seite der Fördermittelgeber sehen die Autoren der Studie aber auch noch Handlungsbedarf auf Seiten der finanzschwachen Kommunen. Diese könnten die bereits vorhandenen Möglichkeiten stärker nutzen und beispielsweise in Erfahrung bringen, bei welchen Förderprogrammen sie den finanziellen Eigenanteil verringern oder ersetzen können.
So sei in einigen Programmen für klamme Kommunen eine höhere Förderquote möglich. Zudem ließen sich teilweise mehrere Förderungen kombinieren, um umfangreiche Projekte umsetzen zu können.
Kofinanzierungshilfen und Kommunalfonds
Einige Länder hätten darüber hinaus Kofinanzierungshilfen oder Kommunalfonds eingerichtet, die einen Teil der kommunalen Eigenleistung finanzschwacher Kommunen übernehmen. Manche Förderrichtlinien erlaubten auch schon jetzt, den Eigenanteil wenigstens teilweise durch Personal- und Sachleistungen zu erbringen.
Darüber hinaus empfehlen das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und die Wüstenrot Stiftung eine intensivere Kommunikation mit lokalen Akteuren sowie eine engere interkommunale Zusammenarbeit.
Info
Mehr zum Thema erfahren Sie auf unseren Themenseiten Coronakrise und Föderale Finanzbeziehungen.
Zum Diskussionspapier vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und der Wüstenrot Stiftung geht es hier.