Die Kommunen in Sachsen-Anhalt sind hoch verschuldet. Das geht aus dem jüngst veröffentlichten Sonderbericht „2020 Kommunalfinanzen“ des sachsen-anhaltischen Landesrechnungshofes hervor. Demnach hat von den insgesamt 264 Kommunen fast die Hälfte Schulden. Während die Investitionskredite durch das Landesförderprogramm STARK II seit 2009 erheblich reduziert worden seien, würden die Kassenkredite jedoch auf einem hohen Niveau stagnieren.
Das Prekäre daran: Der Zeitraum, den der Rechnungshof betrachtete (2015 bis 2019), liegt vor der Coronakrise. Allein im Jahr 2019 entstand demnach ein Fehlbetrag von 13,5 Millionen Euro in der kommunalen Finanzrechnung. Im laufenden Jahr 2020 habe sich die finanzielle Situation der Kommunen weiter verschlechtert. Es bleibe festzuhalten, „dass die Steuerschätzer von reduzierten Steuereinnahmen ausgehen, die sich mindestens bis ins Jahr 2024 erstrecken“, so der Landesrechnungshof in seinem Bericht.
Der Rechnungshof kritisiert deshalb das Land Sachsen-Anhalt und dessen Kommunalaufsicht. Diese hätten sicherstellen müssen, dass „die hervorragenden Rahmen- und Refinanzierungsbedingungen [der vergangenen Jahre] konsequenter zum Abbau der Verschuldung, insbesondere der Kassenkredite, genutzt werden“, so die Behörde.
Doppik-Umstellung bereitet Probleme
Ein großes Problem scheint für viele Gemeinden, Städte und Kreise derweil die Doppik-Umstellung zu sein. Die Mehrzahl der Kommunen habe Schwierigkeiten – nach Umstellung auf das doppische Rechnungswesen – die Jahresabschlüsse aufstellen und anschließend prüfen zu lassen, so der Landesrechnungshof. Allein für die Rechnungsprüfungsämter der elf Landkreise standen demnach im Mai 2020 noch 1.342 Prüfungen von Jahresabschlüssen aus.
Zudem hätten einige Kommunen bislang noch gar keine Eröffnungsbilanz erstellt. Dabei wurde das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen in Sachsen-Anhalt bereits 2013 eingeführt. Da die Aufstellung der Jahresabschlüsse eine kommunale Pflicht sei, müsse das Innenministerium hier in seiner Rolle als Kommunalaufsicht härter durchgreifen und die Kommunen gegebenenfalls stärker sanktionieren, fordert der Landesrechnungshof.
Altschulden nicht einfach übernehmen
Nur im Anschluss an die Prüfung der Jahresabschlüsse könne auch der Bedarf an einer Aufstockung des Finanzausgleichs ermittelt werden. Dieser sei derzeit aber bereits auf dem höchsten Niveau aller Zeiten mit einem Festbetrag von 1,628 Milliarden Euro für die Jahre 2017 bis 2021. „Eventuelle weitere finanzielle Hilfen des Landes oder des Bundes, insbesondere für den Abbau der Altschulden, bedürfen Gegenleistungen der Kommunen“, moniert der Landesrechnungshof.
Defizitäre Kommunen müssten zunächst ihre Konsolidierungsanstrengungen verstärken. „Die oft diskutierte bloße Entlastung der Kommunen mittels Übernahme der Kassenkredite durch das Land und/oder den Bund würde nichts an der strukturellen Schieflage vieler kommunaler Haushalte ändern.“
Bei den derzeitigen Verteilungsmechanismen könne die einfache Forderung nach mehr Geld „ohnehin nicht die Probleme besonders strukturell schwacher Kommunen lösen“, konstatiert der Sonderbericht. Eine Modellrechnung des Finanzministeriums habe gezeigt, dass selbst 1 Milliarde Euro an zusätzlichen Geldern nicht ausreichen würde, um ein positives Ergebnis der Finanzrechnung aller Kommunen zu erzeugen.
Halle an der Saale mit den höchsten Schulden
Am höchsten verschuldet ist Halle an der Saale. Die Gesamtverschuldung der kreisfreien 230.000-Einwohner-Stadt beträgt 465,5 Millionen Euro. Zusammen mit den Landkreisregionen Salzlandkreis (354,2 Millionen Euro) und Landkreis Harz (348,1 Millionen Euro) vereint die Stadt fast die Hälfte der kommunalen Gesamtverschuldung in Sachsen-Anhalt auf sich (43 Prozent). In den drei Regionen wohnen allerdings nur knapp ein Drittel der Einwohner des Bundeslandes (30 Prozent).
Auch die isolierte Betrachtung der Kassenkredite kürte Halle (Saale) mit 350 Millionen Euro zum Schulden-Spitzenreiter. Die Stadt hält alleine somit rund ein Viertel (26 Prozent) der gesamten kommunalen Kassenkredite in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit den beiden Landkreisregionen vereint sie über die Hälfte der Kassenkredite auf sich.
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