Der Druck auf die kommunalen Kassen wächst massiv: 2021 wird die Coronapandemie die Krise der öffentlichen Haushalte noch einmal deutlich verschärfen. Das zeigt die „Kommunenstudie 2020/21“ von EY, an der im vergangenen November 300 Kämmerer beziehungsweise leitende Mitarbeiter aus der Finanzverwaltung von Kommunen mit mindestens 20.0000 Einwohnern teilgenommen haben.
Das Ergebnis zeigt, dass 2020 die meisten Kommunen finanziell noch mit einem blauen Auge davongekommen sind – den Hilfen von Bund und Ländern sei Dank. So konnten viele Städte und Gemeinden zusätzliche Gelder für Bereiche locker machen, die in der Pandemie mehr denn je Investitionen verlangen: 61 Prozent haben 2020 ihre Ausgaben für Schulen erhöht oder planen dies für 2021, im Bereich Digitalisierung investieren 57 Prozent mehr als im Vorjahr. Die pandemiebedingte Priorisierung ist allerdings offensichtlich: In allen weiteren abgefragten Feldern wie Straßen, ÖPNV, Kultur oder Bäder fährt nur eine Minderheit der Kommunen ihre Investitionen hoch.
Haushalt: 47 Prozent erwarten Defizit
Naturgemäß leicht zeitversetzt zeichnet sich aber ab, wie tief die finanziellen Spuren sein werden, die die Coronapandemie in Deutschlands Kommunen hinterlässt. Hatten 2019 nur 13 Prozent der Kommunen ein Haushaltsdefizit, erwarten das 47 Prozent für 2020. Mit Überschüssen rechnen gerade einmal 5 Prozent. Am düstersten ist die Stimmung in Rheinland-Pfalz, wo satte 76 Prozent der Kämmerer mit einem Defizit planen.
Deutschlandweit glaubt zudem jede zweite Kommune, dass sie in den kommenden drei Jahren weitere Schulden aufnehmen muss. Besonders hoch ist der Anteil in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz mit jeweils 78 Prozent Zustimmung, gefolgt von Brandenburg und Niedersachen mit 67 bzw. 65 Prozent Zustimmung. Im Verhältnis am positivsten gestimmt sind die bayerischen Kämmerer: Hier rechnen „nur“ 38 Prozent mit steigender Verschuldung.
Vor allem Steuerausfälle belasten die Kommunen: Im vergangenen Jahr haben sie bei den Gewerbesteuereinnahmen im Schnitt ein Minus von 15 Prozent gegenüber 2019 verzeichnet. Ein ähnliches Ergebnis prognostizieren die Kämmerer für das laufende Jahr – und warten weiter händeringend auf Hilfe von Bund und Ländern. Der Bundesfinanzminister bekundet unterdessen zwar immer wieder seinen generellen Willen zur Unterstützung der Kommunen, hat sich bislang aber nicht konkret zu einem möglichen zweiten kommunalen Rettungspaket geäußert.
Zurückhaltung bei Grundsteuer und Gewerbesteuer
Wo aber setzen die Kämmerer an, um die Verluste abzufedern? Interessant ist, dass die Bereitschaft der Kommunen, an der Steuer- und Gebührenschraube zu drehen, in den vergangenen fünf Jahren immer weiter gesunken ist. Aktuell wollen knapp zwei von drei Kommunen Abgaben erhöhen. Im Fokus stehen am ehesten Müllabfuhr und Straßenreinigung (jeweils 33 Prozent), Wasserversorgung (32 Prozent) sowie Parkgebühren (29 Prozent).
Den Hebesatz für die Grundsteuer wollen 21 Prozent erhöhen, bei der Gewebesteuer kann sich gerade einmal jeder neunte Befragte eine Korrektur nach oben vorstellen. Nach dem beispiellosen Absturz der Wirtschaft hält der Realitätssinn viele Finanzverantwortliche offenbar von weiteren Maßnahmen ab. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 planten noch 82 Prozent der Kommunen, Steuern oder Gebühren anzuheben.
Freiwillige Leistungen schon zurückgefahren
Fast keine Ansatzpunkte sehen die Kämmerer bei den eigenen Angeboten ihrer Kommune, hier will nur knapp jeder Vierte abspecken. Auf Platz 1 stehen die Bäder, bei denen 17 Prozent angreifen wollen, gefolgt von Straßenbeleuchtung (14 Prozent), Jugend-und Seniorenarbeit sowie Bibliotheken/sonstige kulturelle Einrichtungen (jeweils 8 Prozent). Die Einsparpotentiale seien vor allem bei den freiwilligen Leistungen längst gehoben, schlussfolgern die Autoren.
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