Jena in finanzieller Not: Wie die 110.000-Einwohner-Stadt diese Woche bekannt gab, hat das Thüringer Landesverwaltungsamt die Haushaltsnotlage Jenas bestätigt. Die Stadt ist nun dazu verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. An diesem werde gerade gearbeitet, teilt die Stadt auf DNK-Nachfrage mit.
„Wir haben ein Projektteam gebildet, das wöchentlich tagt und Vorschläge für Einsparungen erarbeitet“, erklärt Kämmerer Martin Berger. „Die Politik ist eng eingebunden durch eine Lenkungsgruppe, in der alle Stadtratsfraktionen vertreten sind.“ Das Haushaltssicherungskonzept muss Maßnahmen enthalten, mit denen die Stadt innerhalb von maximal zehn Jahren zurück zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen kann.
Weniger Steuereinnahmen schon vor Corona
Ein deutlicher Rückgang der Steuereinnahmen zeichnete sich in Jena bereits 2019 ab, weshalb die Stadt seit August vergangenen Jahres drei Haushaltssperren erlassen hat – DNK berichtete. Die Coronakrise habe die Finanzsituation der zweitgrößten Stadt Thüringens nun noch weiter verschärft, wodurch die Lücke zu einem ausgeglichenen Haushalt zu groß geworden sei, teilt die Stadt mit.
Bereits im Mai rechnete Stadtkämmerer Berger im laufenden Haushaltsjahr mit einem Defizit von 50 Millionen Euro. Der Grund hierfür ist unter anderem der Einbruch eines Drittels der Gewerbesteuereinnahmen. Die Konjunkturpakete von Bund und Land reichen derweil offenbar nicht aus, um Jena aus der finanziellen Patsche zu helfen: Ein Defizit von 14 Millionen Euro würde trotzdem übrig bleiben, teilt ein Sprecher der Stadt auf Nachfrage mit.
Durch aktuelle Steuerschätzungen sei zudem deutlich geworden, dass mit länger andauernden Einnahmeausfällen zu rechnen sei, heißt es weiter vonseiten der Stadtverwaltung. „Ein ausgeglichener Haushalt für die Jahre 2021 bis 2025 ist nicht möglich.“ In den kommenden zwei Jahren rechnet Jena mit Defiziten von jeweils 30 Millionen Euro. Danach geht die Stadt weiterhin von jährlichen Einbußen in Höhe von 20 Millionen Euro aus.
Nicht genug Liquidität vorhanden
Die Einnahmeeinbußen bringen Jena in eine prekäre Lage: „Damit wären die bilanziellen Rücklagen 2023 aufgebraucht und die Liquidität bereits 2022“, heißt es aus dem Rathaus. Der Ergebnisvortrag der Stadt Jena beträgt nach dem letzten Stand Ende 2019, 76,4 Millionen Euro, präzisiert Kämmerer Berger gegenüber DNK.
Die Liquidität betrug Ende September 2020 insgesamt 86,7 Millionen Euro. Allerdings belief sich der Kernhaushalt lediglich auf 44,5 Millionen Euro. Der Rest setze sich aus Cash-Pool-Einlagen von Eigenbetrieben und dem Sanierungsträger zusammen, so Berger.
Gewerbesteuern in Deutschland eingebrochen
Mit finanziellen Schwierigkeiten steht die Stadt Jena in der Coronakrise nicht alleine da. Das Statistische Bundesamt (Destatis) gab kürzlich bekannt, dass die deutschen Kommunen im ersten Halbjahr 2020 mit einem Finanzierungsdefizit von 9,7 Milliarden Euro zu kämpfen hatten. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum betrug das Defizit nur knapp 0,3 Milliarden Euro.
Die Steuereinnahmen fielen laut Destatis um 10,6 Prozent niedriger aus als im ersten Halbjahr 2019. Die Ursache: ein Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen um insgesamt 21,3 Prozent. Während des Lockdowns im zweiten Quartal 2020 sah es besonders düster aus: In den Monaten von April bis Juni nahmen die Kommunen nur 7 Milliarden Euro Gewerbesteuern ein. Im gleichen Zeitraum 2019 waren es 11,5 Milliarden Euro.
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